Neue Universität in Linz will "Transformer" ausbilden
Von Josef Kleinrath
Als Wahlzuckerl für Oberösterreich und Linz vor einer Nationalratswahl vom damaligen ÖVP-Spitzenkandidaten Sebastian Kurz aus dem Hut gezaubert, wird das Bild der Universität Linz langsam, aber sicher klarer. 75 Studierende nehmen aktuell am Founding Lab in Zusammenarbeit mit dem Ars Electronica Center teil, sie beschäftigen sich mit Interdisziplinarität und Transformation.
Zwei Begriffe, die eine zentrale Rolle bei der neuen Universität darstellen. Diese beiden Begriffe liegen auch der neuen Marke zugrunde, mit der die Universität sich am Bildungsmarkt behaupten will. Diese wurde am Montag präsentiert.
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IT:U - Interdisciplinary Transformation University Austria. So will die Digitaluni ab sofort genannt werden, und so wird sie auch auftreten. Das Kürzel "IDSA" wird aus der Öffentlichkeit verschwinden, nur im Gesetz für die Organisation der neuen Hochschule, es ist die 23. in Österreich, bleibt dieser Name bestehen. Dieses Gesetz ist aktuell in Begutachtung.
Doktoratsstudium startet im Herbst 2024
Im Herbst 2024 soll das erste Doktoratsstudium starten, 2025 dann der erste Master. So genannte "Transformer" sollen ausgebildet werden. "Wer Mathematik oder Künstliche Intelligenz studieren will, ist an einer bestehenden Technischen Universität wie der JKU oder jenen in Wien oder Graz gut aufgehoben", legt sich Gründungsrektorin Stefanie Lindstaedt fest, "wir wollen Leute ansprechen, die schon etwas anderes studiert haben und in unseren sechs Lern-Labs lernen wollen, Technologien wie Virtual Reality, Roboter oder Ki anwenden zu können."
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Denn an der IT:U steht nicht die Technik im Vordergrund - auch wenn im stilisierten U im neuen Logo ein T zu sehen ist, das an den Gründungsgedanken mit der Technologie als Schwerpunkt erinnert. Es geht um die "Bewältigung von aktuellen Problemen unserer Zeit", sagt Lindstaedt, und meint damit Energie, Klima, Mobilität und viele andere Themen, die aus der Gesellschaft, der Wissenschaft, der Wirtschaft oder von den Studierenden selbst definiert werden.
An der neuen Uni werde interdisziplinär Methoden und Werkzeuge präsentiert und gelehrt, die dabei helfen, anstehende Probleme zu lösen. Also die angesprochenen "Transformer" gleichsam produziert. Das sei auch in den bisherigen Gesprächen mit Industrie und Wirtschaft als Anforderung definiert worden - es gehe weniger um technologisches Fachwissen als um Lösungskompetenzen.
Missionsorientierte Studiengänge
Missionsorientierte Studiengänge - also aktuelle Themen, für die es aktuell Lösungen bedarf - sollen die digitale Transformation "in wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Ökosystemen vorantreiben", sagt Lindstaedt: "Wir vermitteln das nötige systemische Denken und bilden Transformer und Transformerinnen aus, die für Unternehmen sehr wertvoll sein werden."
Aus den Unternehmen sei in den ersten Gesprächen auch der Wunsch nach eigenen Ausbildungs-Labs in den Betrieben gekommen, so Lindstaedt.
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Sie wünscht sich jedenfalls internationale Studierende aus allen Fachbereichen, etwa aus den Sozialwissenschaften, der Medizin oder Maschinenbau, die mit Unterstützung neue Technologien neue Lösungen entwickeln können.
Neue Uni besser als Fakultät einer bestehenden
Dass dafür einen neue Universität nötig sei, bekräftigten Bildungsminister Martin Polaschek (ÖVP), Landeshauptmann Thomas Stelzer (ÖVP) und Rektorin Lindstaedt einhellig. Letztere findet deutliche Worte: "Es ist schwer, in den Universitäten mit ihren Wissenssilos (den Begriff Elfenbeinturm hat sie nicht verwendet, Anm.) diese Interdisziplinarität zu integrieren."
Für Stelzer ist die neue Uni aufgrund der Gefahr, dass es sich als Teil einer bestehenden Uni nur um "more of the same" gehandelt hätte wichtig: "Das war unser Auftrag, dass es genau das nicht wird." Das sei mit der gewählten Variante gewährleistet, auch wenn es mehr Ressourcen, auch finanzielle, dafür brauche.
Stelzer. "Das ermöglicht neue Arbeitsweisen und neue Kooperationen mit den Unternehmen und in der Forschung. Unser Anspruch war eine technische Universität für digitale Transformation." Und Minister Polaschek ergänzt, dass die neue Ausrichtung auf die Interdisziplinarität eine große Chance für die Uni darstelle.
Apropos Ressourcen: Mit Gabriele Költringer wurde bereits eine Verwaltungsdirektorin für die Uni, die IT:U, bestellt, ebenso ein Technologie-Stratege, der die technische Lernumgebung für die Studierenden aufbaut. Ab dem Frühjahr, also nach Vorliegen des Gesetzes bzw. der Satzungen für die Universität, werden die Professuren ausgeschrieben. Interdisziplinär, wie Lindstaedt versichert.
Neben den Gesprächen mit den Betrieben werden auch Kooperationsmöglichkeiten mit den in Linz ansässigen Hochschulen geführt, aber auch international werden die Fühler ausgestreckt - mit 20 Unis wurden bereits Gespräche geführt, sagt Lindstaedt. Bis Sommer 2024 wird jedenfalls an der konkreten Strategie weiter gefeilt.