KZ Gusen: "Vergessene" Gedenkstätte soll europaweiten Akzent setzen
Von Josef Kleinrath
Der Beschluss dazu wurde im Oktober des Vorjahres gefasst, jetzt geht es in die Realisierung: Die Burghauptmannschaft hat heute die EU-weite Ausschreibung der landschaftsplanerischen, baukünstlerischen und städtebaulichen Gesamtgestaltung mehrerer Areale auf dem ehemaligem Lagergelände des KZ Gusen veröffentlicht.
Die bestehende KZ-Gedenkstätte Gusen soll damit wesentlich erweitert und zu einem Gedenk- und Bildungsort für die Zukunft werden, heißt es.
Aus derzeitiger Sicht könne die Auswahl der prämierungswürdigen Arbeiten und des Gewinnerprojekts im Juni erfolgen. Die Wettbewerbsphase ist auch der Start für weitere Entwicklungen. Denn zusätzlich zu bestehenden Bildungsangeboten werden neue pädagogische Programme entwickelt.
Zeitzeuge erinnert sich und fordert würdiges Gedenken
Das ist höchst an der Zeit, wie Stanisław Zalewski, einer der letzten noch lebenden Zeitzeugen dieses Konzentrationslagers, meint. Im September ist der berührende Film "Botschafter des Erinnerns" von Magdalena Żelasko in die Kinos gekommen, der bald 99-Jährige ist kommende Woche in Linz.
Er setzt sich lange schon für ein würdiges Gedenken in Gusen ein: "Für mich, der hier 545 Tage verbracht hat, bedeutet der Anblick dieses Ortes, der zerstört, überwuchert ist, dass die Erinnerung an jene, die hier umgekommen sind, die ihr Leben hingegeben haben, irgendwie ins Nichts gegangen zu sein scheint."
Es sei "höchste Zeit, dass man das, was noch übrig ist, für die Nachkommen wiederherstellt als Mahnung, wozu es kommen kann, wenn ein Mensch zum Herrenmenschen wird und dem anderen Menschen nicht wohlgesinnt ist“, sagt Zalewski.
Neue Konzepte werden entwickelt
Schon im Oktober eröffnet ein Informations- und Begegnungszentrum in unmittelbarer Nähe des bestehenden Memorials. Barbara Glück, Direktorin der zuständigen KZ-Gedenkstätte Mauthausen: "Der äußerst erfolgreiche Beteiligungsprozess hat gezeigt, dass ein wohlwollendes Miteinander zu den besten Ergebnissen führt. Wir freuen uns, nun die nächste Phase dieses einzigartigen Projektes zu beginnen und gemeinsam zu erleben, wie die Ergebnisse unserer Zusammenarbeit Schritt für Schritt Realität werden. Unser Informations- und Begegnungszentrum wird dazu einladen, weiterhin vor Ort im Gespräch zu bleiben."
Burghauptmann Reinhold Sahl ist überzeugt, dass "dieses Projekt den Anspruch widerspiegelt, die Vergangenheit nicht nur aufzuarbeiten, sondern zugleich als eindringliche Mahnung für die Zukunft zu bewahren."
Innenminister Gerhard Karner (ÖVP) betont, dass "Gusen lange Zeit bedeutend weniger Aufmerksamkeit erfahren hat als das ehemalige KZ Mauthausen". Umso wichtiger sei es, in Sachen Gedenken "europaweit neue Maßstäbe" zu setzen.
Mehr als 30.000 Tote in Gusen
Teilnahmeinteressierte können die Details zur Ausschreibung auf der Plattform ANKÖ einsehen. Die Teilnahmefrist endet am 10. Jänner.
Das KZ Gusen wurde ab Dezember 1939 errichtet. Bis zu seiner Befreiung im Mai 1945 wurden dort 71.000 Gefangene aus fast 30 Nationen inhaftiert. Mehr als die Hälfte überlebte die Haft nicht. Schon kurz nach der Befreiung begannen die baulichen Überreste des Lagers zu verschwinden. Ab 1955 wurden weite Teile des Geländes mit einer Siedlung überbaut.
2021/22 kaufte die Republik Österreich mehrere Grundstücke am Areal des ehemaligen KZ Gusen I sowie im Eingangsbereich der von Häftlingen errichteten Stollenanlage "Bergkristall" in St. Georgen an der Gusen.
Mit ihnen wird die bestehende Gedenkstätte nun weiterentwickelt. Um von Beginn an eine möglichst breite Einbindung aller regionalen, nationalen und internationalen Interessensgruppen zu gewährleisten, führte die KZ-Gedenkstätte Mauthausen im Vorfeld weiterer Planungen einen Beteiligungsprozess zur Erarbeitung eines Masterplans mit gestalterischen und funktionalen Richtlinien durch.