Chronik/Niederösterreich

Zeitzeuge und Hollywood-Schmied Ludwig Surkin starb mit 103 Jahren

Das Tragen von Lederhosen wurde Juden von den Nationalsozialisten verboten. Als ihn 1938 ein Nazi wegen seiner Krachledernen bedrohte, „wusste ich, dass ich aus Amstetten weg muss“. Das erzählte Ludwig Surkin bei seinem letzten Besuch in seiner Heimatstadt dem Stadthistoriker. Vor seinem 103. Geburtstag am 29. Jänner ist Surkin nun als letztes bekanntes Mitglied der ehemaligen Israelitischen Kultusgemeinde Amstetten in Los Angeles gestorben.

Er habe zwar aus Amstetten flüchtet müssen, sei aber immer gerne zurückgekommen, erzählte Surkin dem früheren Stadtarchivar Josef Plaimer im Jahr 2018 weiters. Und mit Jugendfreunden, wie dem früheren Bürgermeister Josef Freihammer habe er viele lange Telefonate über das Geschehen in der Heimat geführt. Ganz sicher hätte es Surkin nun gefreut, dass in Amstetten nicht zuletzt wegen seiner Person, neue Ideen für die weitere Aufarbeitung der Verbrechen während des NS-Regimes in der Stadt aufblitzen.

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Als Abgänger der Eisenfachschule Waidhofen/Ybbs hatte der nun verstorbene Zeitzeuge, dessen Familie ein Bekleidungsgeschäft in der Amstettner Linzerstraße führte, 1938 zumindest gutes handwerkliches Rüstzeug aus der Heimat auf die Flucht mitbekommen. Nach einer wilden Reise übers Meer war er zunächst in Palästina gelandet. Dort fand er auf einer Orangenplantage, in einem Hotel und als Diamantenschleifer Arbeit. 1948 kämpfe er im Palästinakrieg mit. Dann, im Jahr 1962 in die USA ausgewandert, wurde er Schweißer in der Filmindustrie in Hollywood und schuf schließlich mit Schweiß und Fleiß zwei eigene auf Metallprodukte spezialisierte Firmen. Noch als 99-Jähriger arbeitete Surkin im schon von den Enkeln geführten Unternehmen.

Aufarbeitung

Sein Sohn, die sechs Enkel und zehn Urenkel könnten schon in absehbarer Zeit neue Nachrichten aus der Heimatstadt von Ludwig Surkin bekommen. Denn dort sind Initiativen zur weiteren Aufarbeitung der Schicksale der Amstettner Juden angelaufen. „Wir arbeiten daran, das Projekt Stolpersteine, das es schon in anderen Städten gibt, nach Amstetten holen“, kündigt Kulturstadtrat Stefan Jandl (ÖVP) an.

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Die Pflastersteine mit den in Metallkappen eingravierten Namen ermordeter und vertriebener Juden und Nazi-Opfer sind weltweit bekannt. Über den Kulturausschuss werde man das Projekt steuern, sagt auch Bürgermeister Christian Haberhauer zu. Auch im Hinblick auf die 2026 stattfindenden NÖ Landesausstellung im ebenfalls durch NS-Gräuel belasteten Klinikum Mauer, wird man der Thematik größte Aufmerksamkeit widmen.