Wiener Neustädterin ist Deutschlands beste Sattlergesellin
Von Caroline Ferstl
Für ihren Traumberuf hat Lucy Schmidl alles zurückgelassen: Freunde, Familie und – was ihr als Reiterin besonders schwer fiel – ihr Pferd Tendresse. „Aber das war es wert“, meint die 22-Jährige drei Jahre später. Denn heute darf sie sich beste Sattlergesellin Deutschlands nennen.
Wettbewerb
In der kleinen deutschen Stadt Pirmasens hat sie ihr Handwerk in der Sattlerei Sommer gelernt. Der Wiener Neustädterin blieb keine andere Wahl, als auszuwandern: In Österreich gibt es zwar Sattelsitter, die fertige Sättel anpassen dürfen, ausbildende Meister jedoch zu wenige. Im deutschen Nachbarland sind es wesentlich mehr, zudem gilt es als Reitsportland Nummer eins in Europa.
Genauigkeit und Fingerspitzengefühl hat Schmidl in der Sattlerei Sommer gelernt – alles, was man für den Bundeswettbewerb braucht. Dort galt es, aus Leder eine Handtasche, einen Würfelbecher und eine Nahttafel zu nähen, und das innerhalb weniger Stunden.
Gegen sechs andere Gesellen musste sich Schmidl durchsetzen: „Ich war schon sehr nervös, obwohl ich natürlich lange hintrainiert habe. Aber wenn es dann ans Arbeiten geht, denkt man wenig über die Nervosität nach.“
200 Einzelschritte
Warum sie am Handwerk begeistert, weiß die junge Gesellin genau: „Diese Tätigkeit ist gerade dabei, auszusterben. Dabei reicht das Basteln aus Leder zurück zum Beginn der Menschheit. Diese Tradition will ich beibehalten.“
200 Einzelschritte sind notwendig, um einen Sattel herzustellen. Das dauert ungefähr drei Arbeitstage. „Wir beginnen mit der Produktion erst, wenn die Bestellung hineinkommt. Der Kunde kann seinen Sattel individuell gestalten und anpassen, auch rosa Sättel haben wir schon mal gemacht“, erzählt Schmidl.
Und nun? Bei den EuroSkills gibt es keinen eigenen Bewerb für Sattler, zu gerne hätte Schmidl mitgemacht. Als nächstes denkt Schmidl an den Meister, „doch der kann noch ein paar Jahre warten. Jetzt möchte ich mal als Gesellin Erfahrungen sammeln“, meint sie.
Sie darf nun die Lehrlinge der Sattlerei unter ihre Fittiche nehmen, und ihr Wissen weitergeben. Das kann sie sich auch in Zukunft gut vorstellen. „Aber auf jeden Fall in Österreich. Heimat bleibt Heimat.“