Vom Pizzabäcker zum Uhrenräuber: „Wir sind einfach nur Idioten“
Von Stefan Jedlicka
Mühsame Ermittlungen der Kriminalpolizei waren dem Verfahren am Landesgericht Wiener Neustadt vorausgegangen. Stundenlang hatten Beamte Überwachungsvideos studiert, ehe sie den beiden Angeklagten auf die Spur kamen, die sich am Montag wegen des Überfalls auf zwei Wiener Hotelgäste verantworten müssen. Die Brüder aus Neapel (40 und 42) hatten gemeinsam mit einem mittlerweile ebenfalls gefassten Komplizen in beiden Fällen sündhaft teure Uhren geraubt.
Identische Vorgangsweise
Den Kriminalisten wurde rasch klar, dass die drei nicht alleine gehandelt hatten. Sie seien Teil einer international agierenden kriminellen Vereinigung, ist man sicher. „Gab es ähnliche Fälle in anderen europäischen Ländern?“, fragt die vorsitzende Richterin. „Identische Fälle“, sagt einer der Beamten als Zeuge.
Die Vorgangsweise: Vor Nobelhotels halten die Täter Ausschau nach Gästen mit hochpreisigen Uhren am Arm. Man schickt Bilder von der Beute an Hintermänner, die den Wert der Uhren feststellen und rückmelden, ob sie geraubt werden sollen. „Sie nehmen nur besonders teure Stücke. In einem Fall wurde eine Rolex mit rund 30.000 Euro Wert abgelehnt“, berichtet der Kriminalist über abgefangene Nachrichten der Bande. Die Beute werde dann weiterverkauft oder zerlegt, um daraus mehrere gefälschte Luxusuhren herzustellen.
Brutaler Überfall
Im Sommer 2023 hatten die neapolitanischen Brüder – als Beruf geben sie Pizzabäcker an – eine Patek Philippe Nautilus entdeckt. Wert: jenseits der 100.000 Euro. Man ließ das Opfer nicht mehr aus den Augen, verfolgte ihn auf einem Mofa bis nach Mödling. Dort schlugen die Täter zu: rasch und brutal wurde dem Mann die Uhr vom Arm gerissen.
Aufgrund eines Haftbefehls konnten die Pizzabäcker gefasst werden. Und sie zeigen sich zu den beiden Raubzügen geständig. Teil einer kriminellen Vereinigung zu sein, bestreiten sie jedoch. „Es gibt keine Organisation. Wir sind einfach nur drei Idioten“, sagt einer der beiden.
Die Indizien sprechen dagegen. Das verwendete Mofa war auf einen Besitzer zugelassen, der rund 80 Fahrzeuge besitzt, die bei weiteren Beutezügen zum Einsatz kamen. Die Fahrzeuge werden jeweils vor Ort zur Verfügung gestellt und von wechselnden „Teams“ genutzt.
Vier Jahre Haft
Dennoch beharren die beiden darauf: man habe "einfach Glück gehabt", sei „nur durch Zufall“ auf die wertvolle Uhr aufmerksam geworden. Auf der Flucht hätten sie ihre Beute dann jedoch unglücklicherweise verloren. Ihr Verteidiger meint: „Es gibt keinen Hinweis auf eine Organisation im Hintergrund. Die beiden sind unbescholten, wenn sie zu einer Bande gehören würden, hätte jeder bestimmt fünf, sechs oder sieben Vorstrafen.“
Die Schöffen sehen das anders: sie verurteilen die beiden Italiener - auch wegen Mitgliedschaft in einer kriminellen Vereinigung - zu vier Jahren Haft – nicht rechtskräftig.