Rasante Polizistin für zu flotte Einsatzfahrt vor Gericht
Von Patrick Wammerl
In der Ausbildung lernen Polizeibeamte, bei Gefahr im Verzug den Dienstwagen „einsatzmäßig“ zu steuern – mit Blaulicht, Folgetonhorn und auch flotter als sonst üblich. Nichts anderes hat eine 29-jährige Polizisten aus Niederösterreich im vergangenen Mai gemacht. Weil sich jedoch die Kollegin am Beifahrersitz ängstigte und ein Motorradfahrer vom Streifenwagen geschnitten wurde, stellte die Staatsanwaltschaft Wiener Neustadt die Beamtin wegen Gefährdung der körperlichen Sicherheit vor Gericht.
Die 29-Jährige war gerade mit ihrer Kollegin auf Streife, als sie bei einer roten Ampel der Anruf ihres damaligen Lebensgefährten erreichte. Er sei beim Mountainbiken in den Weinbergen bei Gumpoldskirchen verunglückt. „Der Mann ist selbst Polizist bei einer Spezialeinheit und nicht zimperlich. Sie wusste, dass es was Ernstes ist“, sagt der Anwalt der Polizistin, Nikolaus Rast.
„Gab es für sie irgendeine andere Option, außer aufs Gas zu steigen?“, wollte die Richterin wissen. „Nein.“ Also schaltete sie Sirene und Blaulicht ein und düste los – zirka zehn Kilometer weit. „Ich hab an die örtlich zuständigen Kollegen einen Funkspruch abgesetzt, dass ein Angehöriger verunglückt ist und Hilfe benötigt. Sie sind auch zugefahren“, so die Polizistin.
Dass sie deshalb vor Gericht stehe, nahm die 29-Jährige derart mit, dass ihr bei der Befragung immer wieder die Tränen kamen. Auf der rasanten Fahrt zu dem Verletzten übersetzte sie mehrere Kreuzungen bei Rotlicht, überholte trotz Sperrlinien und demolierte letztlich auch eine Stahlfelge des Streifenwagen an einem Randstein. Auch das Aufleuchten des Warnsignals für einen Reifendruckverlust bremste sie nicht.
Sozialleistung als Strafe
Obwohl sie sich mit der mitfahrenden Kollegin sonst gut verstand, zeigte diese den Sachverhalt später an. Sie habe bei der rasanten Fahrt Angst bekommen.
Aus medizinischer Sicht war die Einsatzfahrt zu dem verunglückten Biker absolut gerechtfertigt, sagt Rast. Der Mann wurde schwer verletzt ins Krankenhaus eingeliefert. Auch die Richterin hatte großes Nachsehen mit der Beschuldigten: „Wenn es der Freund von der Kollegin gewesen wäre, würde sie die Gefährdungslage anders sehen“. Die Strafe fiel daher mit 50 Stunden gemeinnützige Leistung so gering wie möglich aus. Die Polizei prüft eine Disziplinarstrafe.