Pendler-Ärger über die Nordbahn im Weinviertel
Von Stefan Jedlicka
Der Weg ist weit von Bernhardsthal im nördöstlichsten Teil des Weinviertels nach Wien. Wer hier lebt und in der Bundeshauptstadt arbeitet, muss diesen Weg dennoch täglich auf sich nehmen. Wer dazu die Züge der Nordbahn benützt, brauche aber mitunter noch eine zusätzliche Portion Geduld, klagt Elvira Führer, Sprecherin der Bürgerinitiative „Beschleunigung der Nordbahn“. „Die Bedingungen für Pendler werden immer unerträglicher“, sagt sie und erzählt von „Zugausfällen, Verspätungen, zu wenigen Waggons, Ausfall der Klimaanlagen, verschlossenen WC-Anlagen und mangelnder Information“.
Züge wenden früher
Besonders frustrierend sei jedoch die Tatsache, dass Züge mitunter bereits vorzeitig in Hohenau an der March (Bezirk Gänserndorf) wenden, um so bereits angesammelte Verspätungen wieder einzuholen. In dahinter liegenden Ortschaften wie Rabensburg, Bernhardsthal, oder Katzelsdorf warte man dann vergebens auf den Pendlerzug, erzählt Führer. „Damit verbunden ist eine riesige Nervenbelastung. Fahrgäste müssen aussteigen und auf den nächsten Zug warten. Behinderte und Rollstuhlfahrer haben mangels eines Aufzuges keine Möglichkeit in Hohenau den Bahnsteig zu verlassen. Bei Schlechtwetter ist kaum Schutz gegeben. Oft wird ein Schienenersatzverkehr nur zwischen Wien und Gänserndorf angeboten. Ab Gänserndorf muss man auf die nächsten Züge warten.“
Modernisierung ab 2022
Rund 10.000 Menschen leben im Einzugsgebiet um den Grenzbahnhof Hohenau. Verbesserungen durch die ÖBB habe es in den letzten Jahren durchaus gegeben, beispielsweise mehr Zugverbindungen. Doch die Forderung der Bürgerinitiative, zumindest drei schnelle Züge morgens und einen am Nachmittag von Wien bis an die tschechische Grenze zu schicken, wurde noch nicht erfüllt.
Die ÖBB haben bereits Attraktivierungs- und Ausbaumaßnahmen an der Nordbahn angekündigt (siehe unten). Doch die Pendler befürchten, dass dies „nur der Anfang von jahrelangen Missständen sein wird“, meint Führer. „Der Ausbau der Nordbahn wird viele Probleme bringen. Eine große Hilfe für Berufstätige wäre die Wiedereinführung der Halte der internationalen Züge in Hohenau. Diese Züge werden bevorzugt behandelt und die Fahrtzeit nach Wien würde auf die Hälfte reduziert.“
Seitens der ÖBB sei man sich der Unannehmlichkeiten bewusst, versichert Sprecher Christopher Seif. „Bedauerlicherweise waren die Kunden der Nordbahn in den letzten Monaten wegen verschiedener Ursachen leidgeprüft. Häufig waren es externe Einflüsse wie etwa eine Streckenunterbrechung aufgrund einer Person im Gleisbereich und einem folgenden Polizeieinsatz, eine Lkw-Kollision mit einem Brückenbauwerk, ein kurzfristiger Ausfall eines Triebfahrzeugführers oder ein Rettungseinsatz“, sagt er.
310 Züge pro Woche
Während der Sommermonate komme noch Bautätigkeit hinzu. „Und heuer haben auch technische Probleme und Störungen an den Garnituren sowie ungeplante Werkstattaufhalte von Zügen dazu geführt, dass die Pünktlichkeit auf der Nordbahn-Strecke leider nicht optimal erfüllt werden konnte“, bedauert Seif. Er betont aber: „Wöchentlich fahren 310 Züge zwischen Wien-Floridsdorf und Bernhardsthal.“ Man habe Verbesserungsmaßnahmen beschlossen und mit der Umsetzung begonnen. „Da die Züge weiter bis Wien-Meidling und oft auf die Südstrecke fahren, lassen sich trotz sorgfältiger Planung Verspätungen leider nicht gänzlich vermeiden“, so Seif.
Die Ursachen für Unregelmäßigkeiten im täglichen Fahrplanablauf werden bei den ÖBB regelmäßig erhoben, versichert der Sprecher. So überwache man auf der Nordbahn etwa die besonders störungs- und verspätungsanfälligen Regionalzüge und behandle sie prioritär. Seif betont aber auch, die Österreichischen Bundesbahnen seien „mit rund 97 Prozent Pünktlichkeit die pünktlichste Bahn in der EU“.
Modernisierung
Ab dem Jahr 2022 haben die ÖBB eine Modernisierung der Nordbahn um rund eine Million Euro vorgesehen. 17 Haltestellen sollen dabei saniert und barrierefrei umgebaut werden.
Durch den Ausbau der rund 66 Kilometer langen Strecke zwischen Wien-Süßenbrunn und der Staatsgrenze zu Tschechien bei Břeclav soll unter anderem der S-Bahn-Takt verdichtet werden und auch die Fahrzeit verkürzt werden.
Entlang der Strecke sollen bis 2032 auch Park&Ride-Anlagen gebaut sowie Lärmschutz errichtet werden. Außerdem werde die Sicherheit durch den Wegfall von Eisenbahnkreuzungen erhöht.