Optimismus: Die Umwelt profitiert in der Krise
Von Marlene Penz
KURIER: Seit Jänner sind Sie politische Geschäftsführerin von Global 2000. Wie kamen Sie zum Umweltschutz?
Agnes Zauner: Ich habe mich schon immer zivilgesellschaftlich engagiert. Ich war zuletzt in Berlin und habe einen transkulturellen Jugendverein für Roma und Nicht-Roma geleitet. In meiner Jugend war ich bereits in Vereinen aktiv. Meine erste Aktion für die Umwelt war wohl die „critical mass“, die ich mit 18 Jahren in meiner Heimatstadt Wiener Neustadt organisiert habe. Da treffen sich viele Fahrradfahrerinnen und Fahrradfahrer an einem Punkt in der Stadt und zeigen, dass sie der Verkehr sind und dass der öffentliche Raum nicht nur dem Auto gehört.
Haben Sie überlegt, das bald zu wiederholen?
Derzeit gibt es corona-bedingt viel weniger Verkehr – außer auf den Radwegen, da wird er mehr. Der Pkw-Verkehr und auch der Luftverkehr sind stark eingeschränkt. Der - Ausstoß wird dadurch enorm reduziert. Steht der Flugverkehr für ein Monat still, so wie er es im Moment eigentlich tut, wird so viel eingespart, als würde in Österreich ein Jahr lang kein Auto fahren. Das ist beachtlich.
Sehen Sie eine Chance, dass der Verkehr auch langfristig reduziert wird, wenn wieder alle Corona-Maßnahmen aufgehoben sind?
Auf jeden Fall. In Wien etwa werden derzeit Pop-up-Fahrradstreifen geschaffen, hier setzt man schon gezielt politische Maßnahmen. Das Potenzial wird erkannt und gesehen. Jetzt geht es darum, weitere Maßnahmen zu setzen, das hängt von den politischen Entscheidungsträgern ab. So könnte beispielsweise bei der Rettung der AUA eine Regelung geschaffen werden, dass keine Kurzstreckenflüge mehr angeboten werden, dadurch würde automatisch der Zugverkehr gefördert werden. Natürlich müsste das für alle Airlines gelten. Es hängt von der Politik ab, was wir aus der Krise mitnehmen.
Braucht es einen Lockdown für die Rettung des Planeten?
Ein Lockdown darf auf keinen Fall Normalzustand werden und wir brauchen ihn auch nicht für die Wende in der Klimakrise, aber er zeigt, wie schnell sich die Natur korrigieren kann, wenn wir an den richtigen Stellen die richtigen Maßnahmen setzen. Wichtig ist, dass der Umweltschutz nicht auf die Einzelne/den Einzelnen abgewälzt wird, sondern es zur politischen Entscheidung wird, unseren Planeten zu retten. Der ist nämlich die Grundlage dafür, dass wir gut zusammenleben können.
Gab es für Sie einen Schlüsselmoment, aus dem Sie eine wichtige Erkenntnis aus der Corona-Krise gezogen haben?
Mehrere. Aber einer war der erste Run auf die Supermärkte. Zuerst habe ich mich gefragt, was jetzt eigentlich los ist, aber bald kam ich zu dem Schluss, dass diese Reaktion der Menschen nicht überraschend ist. Die Versorgung mit Lebensmitteln ist neben den sozialen Beziehungen die Basis für uns alle. Und auch hier wird vielen nun bewusst, dass es eine Veränderung in der Agrarwirtschaft braucht und auch die Artenvielfalt in der Tier- und Pflanzenwelt bewahrt werden muss. 75 Prozent der Nutzpflanzen werden von Insekten bestäubt. Wenn wir Gift einsetzten, gefährdet das die Lebensmittelversorgung in Österreich. Viele kaufen wieder direkt bei den Bäuerinnen und Bauern ein. Darin sehe ich ein unglaubliches Potenzial, für die Rückkehr zur kleinteiligen Landwirtschaft und einen Systemwandel.
Und was kann jeder Einzelne aus der Corona-Krise mitnehmen?
Viele haben bemerkt, was wirklich wichtig ist, und das sind neben Familie und Freunden die grundlegende Versorgung mit Lebensmitteln sowie die Erholung in der Natur. Und da hat Niederösterreich einiges zu bieten, was schützenswert ist – landwirtschaftliches und landschaftliches. Dieses Bewusstsein dafür sollte man sich bewahren und beim nächsten Einkauf in Erinnerung rufen und auch darüber reden, zum Beispiel beim Wirtshausbesuch, der ja ab heute wieder möglich ist.
Global 2000 ist eine österreichische Umweltschutzorganisation mit Sitz in Wien, deren Anfänge 1982 datieren. Als aktives Mitglied von „Friends of the Earth International“ setzt sich die Organisation für eine intakte Umwelt, eine zukunftsfähige Gesellschaft und nachhaltiges Wirtschaften ein.
Sie sprechen die Landschaft in Niederösterreich an, was lieben Sie besonders?
Dass ich hier Hügel um mich herum habe. In Norddeutschland habe ich das sehr vermisst, da ist es sehr flach. Ich habe dort zwar auch die Seen genutzt, aber trotzdem haben mir die Berge im Hintergrund gefehlt. Bei der Hohen Wand und im Schneeberg-Rax-Gebiet ist es für mich wunderschön. Vielleicht verbringe ich auch meinen Sommerurlaub hier und beginne wieder mit dem Wandern, das habe ich schon lange nicht mehr gemacht.