ÖVP zu Straßenbaustopp: Ministerin übersieht Situation in den Regionen
Verkehrspolitik. Die Anweisung der Umwelt- und Verkehrsministerin Eleonore Gewessler (Grüne), die großen Neubauprojekte der Asfinag bis Herbst vorläufig auf Eis zu legen, um sie evaluieren zu lassen, bleibt das große Reizthema in der niederösterreichischen Landespolitik. In ihrer wilden Entschlossenheit übersehe die Bundesministerin, dass Politik auch aus Kommunikation und Kompromiss bestehe, richtete ihr nun ÖVP-Landesgeschäftsführer Bernhard Ebner am Rande einer Pressekonferenz im Mostviertel aus.
Ebner signalisierte absolute Beharrlichkeit der Volkspartei, wenn es um die Umsetzung der Außenringschnellstraße S1 mit dem Wiener Lobautunnel, die Neubaustrecke der Marchfeld-Schnellstraße, S8, oder um die Traisental-Schnellstraße S34 geht.
„Wir waren völlig irritiert, als die Ministerin de facto einen Baustopp veranlasst hat“, schilderte er. Projekte, die seit 20 oder 15 Jahren laufen, jetzt noch evaluieren zu wollen, sei nicht notwendig. „Die sind in vielen Bereichen fertig zur Umsetzung“, meinte Ebner. Deshalb sei man auch froh, dass Bundeskanzler Sebastian Kurz am Freitag der Vorwoche bei seinem Niederösterreich-Tag klargelegt habe, „dass er hinter den Ländern steht, dass begonnene und geplante Projekte auch umgesetzt werden“.
Wichtige Projekte
Der Bau des Lobautunnels mit der anschließenden S1 sei für Niederösterreich extrem wichtig, ebenso wie die Stichverbindung S8 aus dem Marchfeld nach Wien, sagte Ebner. „Man muss sich vorstellen, dass durch Deutsch-Wagram täglich 35.000 Autos rollen. Man muss dort an die Entlastung der Bewohner denken“, schildert er. Die S8 sei in diesem Bereich eine große Umfahrungsstraße für die gesamte Region.
An die Ministerin richtet er die Botschaft, nicht eine Seite zu betrachten, sondern auch die Situation in den Regionen zu sehen. „Wenn man über Ökologie redet und ab 2030 keine Verbrennungsmotoren mehr zulassen will, dann muss aber auch klar sein, dass Elektroautos ebenfalls Straßen brauchen“, betonte Ebner im Gespräch mit dem KURIER.
Der öffentliche Verkehr werde in NÖ nicht vernachlässigt, nur könne nicht jedes Dorf mit einer Schiene angespeist werden, „das kann nicht funktionieren, man wird immer Straßen brauchen. Denn auch Busse brauchen Straßen“, so der ÖVP-Manager. Das Modell Waldviertel, wo man sich statt der Europaspange zu kleinen regionalen Umfahrungen und den Schienenausbau entschlossen habe, funktioniere dort, aber nicht auch automatisch woanders, versicherte er weiters.
S34-Gegner protestieren
Ganz anders ist natürlich die Einstellung der Grünen in NÖ zur Aktion der Ministerin. „Angesichts der dramatischen Klimakrise in der wir uns befinden, ist es völlig klar, dass die erste Klimaministerin, die zugleich Infrastrukturministerin ist, auch einmal kurz auf die Pausentaste drückt, um Projekte neu zu bewerten“, sagt die Landesvorsitzende der Grünen, Helga Krismer. „Viele Dinge haben sich weitergedreht“, verweist sie auf die S34, deren Bau seit 1974 diskutiert werde.
Große Hoffnungen setzen die Gegner der Traisental-Schnellstraße auf die grüne Ministerin, die sich kommenden Samstag im Bereich St. Pölten selbst ein Bild von der Situation machen will. Unter anderem sind Gespräche mit den betroffenen Landwirten geplant, zu Kundgebungen soll es ebenfalls kommen.
W. Atzenhofer, J. Weichhart