NÖ: Aktionismus und Populismus rund um Strache-Auftritt
Ein sehr auffälliges Polizeiaufgebot, drei Dutzend Jugendliche mit Schutzmasken, Warnwesten und Müllsäcken, die das Stadtpflaster säubern und staunende Schanigartengäste. „Was ist denn da los“, war Donnerstagabend die meist gestellte Frage im Amstettener Stadtzentrum. Die Teilnahme von HC Strache an einer Jugenddiskussion im Hinterraum eines Kaffeehauses hatte im Vorfeld schon für etwas Aufsehen gesorgt. Letztlich war der Auftritt aber eher zur Posse unter dem Titel „viel Lärm um nichts“ einzuordnen.
Der 18-jährige Politaktivist Benjamin Ripfl hatte Strache zu seiner Diskussionsreihe „Jugend am Reden“ eingeladen. Weil dazu auch Gegenaktionen angemeldet worden waren, stellte sich auch die Polizei mit deutlicher Präsenz ein. Das im Vorfeld von Ripfl angekündigte enorme Interesse hielt sich dann aber doch in Grenzen. Der wegen den Corona-Bestimmungen begrenzte Zutritt zum Diskussionsraum wurde eingehalten. Etliche verfolgten die später flaue Diskussion auf einem Flatscreen-Schirm draußen auf einem Parkplatz.
Flaue Diskussion
Nur sehr zögerlich stellten die anwesenden Jugendlichen dem früheren Vizekanzler Fragen. Begleitet vom Generalsekretär seiner neuen Wiener Partei, Christian Höbart, war Strache händeschüttelnd in den Veranstaltungssaal eingezogen. Veranstalter Ripfl bot ihm gleich zu Beginn reichlich Möglichkeit seine Ibiza-Story zu schildern.
Strache spielte auch die gesamte bekannte Platte, samt Entschuldigungen, Verabreichung einer Liquiddroge bis zum in Stasi-Manier gezimmerten Komplott, ab. Später kamen Fragen zu seinem nicht angenommenen EU-Mandat oder zu seinem Verhältnis zur FPÖ. „Ich hätte als Parteichef nicht zurücktreten sollen“, bedauerte er.
Frühere Parteifreunde hätten ihn bitter enttäuscht. Ein aus Bayern angereister Fan warf Strache dann das Hölzl zur ausgedehnten Kritik an den Corona-Maßnahmen der türkis-grünen Regierung zu.
Ehrengäste
Bemerkenswerter als die maue Diskussion waren andere Details der Veranstaltung. So fanden sich auf einem Tisch Namenskarten für Ehrengäste. Darunter bekannte ehemalige FPÖ-ler, wie der Ex-Obmann der blauen Jugend, Maximilian Fischl, oder der Ex-Landesgeschäftsführer der FPÖ in Niederösterreich, Martin Huber.
Ob auch alle Gäste anwesend waren, war nicht klar. Huber, der in der Vorwoche wegen seines Hitler-Geburtstagspostings nicht rechtskräftig verurteilt wurde, war da. Die Aktion von Benjamin Ripfl, offene Jugenddiskussionen zu veranstalten, gefalle ihm gut, sagte er im KURIER-Gespräch. Von Parteipolitik habe er vorerst genug, erwiderte er auf die Frage, ob er im Umfeld von Ripfl und Strache an einer neuen politischen Zukunft bastle.
Gerichtsurteil
Im Gespräch kündigte Huber auch an, die in der Vorwoche am Landesgericht St. Pölten ausgesprochene Strafe von zwölf Monaten bedingter Haft anzunehmen. Gegen ein Geschworenenurteil sehe er wenig Chancen für einen Einspruch.
Im Vorfeld des Prozesses habe die Staatsanwaltschaft sein Leben durchleuchtet und keine rechtsnationalen Aktivitäten bis auf die „blöde“ Geburtstagsaktion gefunden, erklärte er.
Am Tisch mit seiner Namenskarte war allerdings schon auch der Name eines jungen für rechtsradikale Pamphlete und Sympathien für die Identitären bekannten Autors zu finden. Unklar war, ob er auch anwesend war. In reichlicher Stückzahl war jedenfalls die Ausgabe eines rechten Patrioten-Magazines bei der Veranstaltung aufgelegt.
Filmabend der SJ
Auf der anderen Seite des Hauptplatzes, ebenfalls gut bewacht von der Polizei, boten junge Linke in entspannter Atmosphäre ebenfalls Ungewohntes im Stadtbild.
Nach der symbolhaften Müllsammelaktion wurde von der Sozialistischen Jugend (SJ) ein kritischer Filmabend zum Populisten Strache geboten. Zu sehen waren unter anderem auch Ausschnitte eines Urlaubsfilmes mit HC, natürlich auf Ibiza.