Chronik/Niederösterreich

Stephan Holpfer ist Pfarrer und seit Jahrzehnten Feuerwehrmann

Manche Entscheidungen können ein ganzes Leben beeinflussen. Als der 12-jährige Stephan Holpfer 1973 in Traiskirchen der ganz frisch gegründeten Feuerwehr-Jugend beitrat, dachte er wohl nicht an derart prägende Folgen. „Mein Papa war schon bei der Feuerwehr und einige Freunde gingen dazu, ich mit“, erzählt Holpfer. Und es hatte sofort „gefunkt“.

Fünf tote Feuerwehrleute: Gedenken an die Katastrophe von Ortmann

Dabei war die Feuerwehr die zweite große Liebe. Denn schon mit acht Jahren war Holpfer Ministrant geworden und auch später, als er Einzelhandelskaufmann lernte, in der Pfarre sehr engagiert. „Ich habe meinen Beruf sehr gerne ausgeübt, aber das andere war auch immer da. Mein Pfarrer hat dann zu mir gesagt: Wenn du heiraten willst, wird es Zeit. Wenn du ins Kloster willst, auch.“ Es wurde Zweiteres. Mit 20 Jahren trat Holpfer den Benediktinern in Melk bei und wurde Geistlicher.

Doch auch dort, und erst recht danach als Kaplan und Pfarrer, war Holpfer der Feuerwehr immer eng verbunden. Als Seelsorger und auch als aktives Mitglied. „Es war nie schwer, beides unter einen Hut zu bringen. Für mich war und ist die Feuerwehr ein guter Ausgleich und eine Bereicherung.“

Hilfe für die Helfer

Dann kam der 21. August 2000. Auf der Westautobahn bei Pöchlarn verunglückt ein Reisebus, wird von einem entgegenkommenden Lkw gerammt und auf der Seite aufgerissen. Auch die Freiwillige Feuerwehr Matzleinsdorf bei Melk wird alarmiert, auch der Pfarrer ist im Einsatz. „Acht Jugendliche haben ihr Leben verloren, ich habe alle acht Toten mitgeborgen, das war sehr ...“, Pater Stephan bricht ab.

Wenige Monate zuvor gehen die Bilder der Gasexplosion in St. Pölten um die Welt und brennen sich in die Köpfe der Feuerwehrleute, die dort im Einsatz stehen. Zwei Erlebnisse, die deutlich machten, mit welchen Belastungen die Einsatzkräfte konfrontiert sind, und was sie verarbeiten müssen. Und die Katastrophen führen 2001 zur Gründung der Feuerwehr-Peers in NÖ, woran Pater Stephan auch maßgeblich beteiligt war.

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Darüber reden

„Jeder erlebt so einen Einsatz anders, für jeden ist die Aufarbeitung anders“, sagt er. War zuvor die Nachbesprechung vom Einfühlungsvermögen der Kommandanten abhängig, wird das nun mit einer Ausbildung in fachliche Bahnen gelenkt. Die Peers (englisch für gleichrangig) sind Kameraden, die für Kameraden da sind. Denn nach einem tragischen Einsatz sei es wichtig, dass man mit jemandem darüber reden könne, der „dieselbe“ Sprache spricht.

Pater Stefan Holpfer sprach dieselbe Sprache. Man war auf ihn aufmerksam geworden und 2002 wurde er zum Landesfeuerwehrkurat, also zum Feuerwehrseelsorger für ganz NÖ ernannt. Und das ist er noch immer.

Eigenes Buch

Zwei Jubiläen, die nun zu einem Buch führten. „Gott zur Ehr, dem Nächsten zur Ehr“ nennt es sich und umfasst Predigten und Texte aus 20 Jahren. Die Idee dazu kam, wie könnte es anders sein, in Feuerwehr-Runde. „Ich wurde gefragt, ob ich meine Predigten gespeichert habe, und so ist die Idee zum Buch entstanden“, erzählt er. Und fügt hinzu: „Bei der Feuerwehr bin ich einer von ihnen, nicht der Pfarrer, das ist halt mein Beruf. Das schätze ich so daran.“

Was es wirklich bedeutet, bei der Freiwilligen Feuerwehr zu sein

Weihnachten darf in dem Buch natürlich nicht fehlen. Etwa mit der Geschichte von der „Weihnachtsorange“. Es geht um einen Buben im Waisenhaus. Kein schönes Leben mit nur einem Ruhetag: Weihnachten. Dann gibt es für die Buben – keine Süßigkeiten oder Geschenke, sondern eine Orange. Aber auch nur für die Braven. Der „Held“ der Geschichte aber hat sich etwas zuschulden kommen lassen und geht leer aus. Natürlich ist er todtraurig, doch jeder seiner Mitbewohner gibt ihm eine Spalte seiner Orange ab. Für Pater Stephan mehr als eine nette Erzählung. „Es geht da um Gemeinschaft und Teilen. Ohne Unterschiede. Die Feuerwehr fährt auch zu jedem und hilft, egal wer es ist. In der Kirche ist es genauso. Und da ist wieder diese Verbindung, die mich seit so vielen Jahren fasziniert.“