Neuer Rekord: Knapp 4.300 Flüchtlinge in Traiskirchen
Das Erstaufnahmezentrum in Traiskirchen hat eine neue Rekordzahl bei der Belegung zu vermelden: An die 4.300 Flüchtlinge waren am Montag auf dem Areal untergebracht, bestätigte das Innenministerium. Betten stehen in Traiskirchen derzeit für lediglich 2.300 Asylwerber zur Verfügung, davon 480 in bereits errichteten Zelten.
Alle Flüchtlinge, die sich derzeit in Traiskirchen aufhalten, werden versorgt, so das Innenministerium. Dennoch würden für rund 2.000 Personen keine Betten zur Verfügung stehen.
Der Flüchtlingsstrom nach Österreich wird immer stärker. Allein Samstagnacht wurden 210 Flüchtlinge in Wien aufgelesen, in Niederösterreich waren es mehr als 100. Fast immer werden Flüchtlinge unter qualvollen Umständen von skrupellosen Schleppern nach Österreich geschmuggelt.
Nachdem das Innenministerium für 2015 anfänglich mit 50.000 neuen Asylanträgen rechnete, wurde die Zahl später auf 70.000 nach oben revidiert. Seit einigen Tagen ist jedoch klar, dass diese Prognose nicht halten wird. Nachdem der Flüchtlingsstrom speziell über die Balkanroute und Ungarn in den vergangenen Wochen weiter zugelegt hat, geht man bei der Exekutive von mittlerweile mehr als 80.000 Neuankömmlingen bis Jahresende aus. Damit explodieren auch die jährlichen Kosten für die Flüchtlingsbetreuung.
"Aktuell haben wir bereits 44.000 Menschen in der Grundversorgung", so Grundböck. Budgetär sind das Kosten von 340 Millionen Euro, bei 80.000 würde die Zahl auf knapp 620 Millionen Euro steigen.
Auswirkungen
Ganz abgesehen von den Kosten und dem akuten Platzmangel stellt die Situation den Staat vor noch ganz andere Probleme. Speziell in Ostösterreich stürzt der Flüchtlingsstrom die Polizei in eine schwere Krise. In NÖ, das mit täglich fast 200 Illegalen-Aufgriffen zu kämpfen hat, lähmen die Aufnahme-Formalitäten die eigentliche Polizeiarbeit.
Schon jetzt müssen einzelne Inspektionen zugesperrt werden, weil täglich im Schnitt 100 Beamte im heillos überfüllten Lager Traiskirchen dafür sorgen müssen, dass die Lage nicht eskaliert. "Die Stimmung in Traiskirchen ist am Kochen. Wir müssen die Kollegen vor Ort so gut es geht unterstützen. Aber das blockiert natürlich die gesamte Polizeiarbeit im Bundesland", erklärt der oberste rote Polizeigewerkschafter in Niederösterreich, Martin Noschiel.
Täglich werden Streifen aus den umliegenden Bezirken abgezogen und zum Dienst in die Erstaufnahmestelle geschickt. "Besonders schlimm ist es dann, wenn in Traiskirchen etwas passiert", sagt Noschiel. So wie vergangene Woche.
Unterbesetzt
Weil bis zu 300 Asylwerber an gewalttätigen Ausschreitungen beteiligt waren, wurden in der Nacht auf Freitag Polizeistreifen aus ganz NÖ zur Verstärkung angefordert – sogar aus weit entfernten Bezirken wie Krems und Zwettl. Als Folge waren in einigen Landesteilen Polizeiinspektionen stundenlang un- beziehungsweise unterbesetzt. "Das geht so lange gut, bis nirgendwo anders etwas passiert. Aber wenn doch, dann gibt es einen Aufschrei", schildern Beamte, die regelmäßig im Lager Dienst versehen. Aus Angst vor Konsequenzen wollen sie aber nicht namentlich genannt werden. Schlimm sei die Lage vor allem in den grenznahen Gebieten oder entlang der Ostautobahn. "Tagtäglich warten wir am Funk, bis es wieder heißt, 20 Asylwerber dort und dort. Pro Asylwerber bedeutet das einen Verwaltungsaufwand von zirka zwei Stunden bis zur Einlieferung nach Traiskirchen. Normale Parteien, die zum Beispiel einen Einbruch anzeigen wollen, müssen wir meistens wegschicken", schildert ein Beamter.
Ausschreitungen in Traiskirchen:
Laut Polizeisprecher, Oberst Markus Haindl, sollen genau aus diesem Grund vier neue Schwerpunkt-Dienststellen für das Asylwesen Abhilfe schaffen. Die Zentren in St. Pölten, Schwechat, Bad Deutsch-Altenburg und Marchegg wurden vergangene Woche in Betrieb genommen. "Durch die Professionalisierung dieser Dienststellen sollen die restlichen entlastet werden", sagt Haindl.
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