Neuer Rekord: Knapp 4.300 Flüchtlinge in Traiskirchen

Asylwerber in einem Schlafraum in Traiskirchen
2.000 Personen ohne Betten. Flüchtlingsstrom nach Österreich noch größer als prognostiziert: Zahl der Flüchtlinge steigt heuer auf 80.000.

Das Erstaufnahmezentrum in Traiskirchen hat eine neue Rekordzahl bei der Belegung zu vermelden: An die 4.300 Flüchtlinge waren am Montag auf dem Areal untergebracht, bestätigte das Innenministerium. Betten stehen in Traiskirchen derzeit für lediglich 2.300 Asylwerber zur Verfügung, davon 480 in bereits errichteten Zelten.

Alle Flüchtlinge, die sich derzeit in Traiskirchen aufhalten, werden versorgt, so das Innenministerium. Dennoch würden für rund 2.000 Personen keine Betten zur Verfügung stehen.

Neuer Rekord: Knapp 4.300 Flüchtlinge in Traiskirchen
ABD0196_20150709 - TRAISKIRCHEN - ÖSTERREICH: Security und Asylwerber aufgenommen am Donnerstag, 9. Juli 2015, anlässlich eines Rundganges im Erstaufnahmezentrum in Traiskirchen. - FOTO: APA/HELMUT FOHRINGER
Auch eine weitere Zahl musste in den vergangenen Tagen in die Höhe revidiert werden: Die Prognose von 70.000 Asylwerbern, die im Laufe des Jahres nach Österreich kommen, erweise sich "mehr als realistisch", hieß es im Innenministerium. Auch 80.000 werden nicht ausgeschlossen. Mehr dazu lesen Sie im unteren Abschnitt.

Der Flüchtlingsstrom nach Österreich wird immer stärker. Allein Samstagnacht wurden 210 Flüchtlinge in Wien aufgelesen, in Niederösterreich waren es mehr als 100. Fast immer werden Flüchtlinge unter qualvollen Umständen von skrupellosen Schleppern nach Österreich geschmuggelt.

Neuer Rekord: Knapp 4.300 Flüchtlinge in Traiskirchen
HONORARFREI,Schlepper,NÖ,Aufgriff,Illegale
Erst am Freitag wurde bei Bruck/Leitha ein Kastenwagen gestoppt, in den auf einer Fläche von 6,5 42 Flüchtlinge gepfercht waren – darunter auch Kinder. Die Insassen waren von der achtstündigen Fahrt bei brütender Hitze und ohne Pause dehydriert und völlig entkräftet.

Nachdem das Innenministerium für 2015 anfänglich mit 50.000 neuen Asylanträgen rechnete, wurde die Zahl später auf 70.000 nach oben revidiert. Seit einigen Tagen ist jedoch klar, dass diese Prognose nicht halten wird. Nachdem der Flüchtlingsstrom speziell über die Balkanroute und Ungarn in den vergangenen Wochen weiter zugelegt hat, geht man bei der Exekutive von mittlerweile mehr als 80.000 Neuankömmlingen bis Jahresende aus. Damit explodieren auch die jährlichen Kosten für die Flüchtlingsbetreuung.

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Laut dem Sprecher des Innenministeriums, Karl-Heinz Grundböck, war bereits im Juni die Zahl der Asylanträge genau so hoch wie im gesamten Vorjahr – nämlich 28.000. "Da in den Krisengebieten wie Syrien, Afghanistan oder im Irak keine Beruhigung in Sicht ist, wird sicher kein Rückgang eintreten", erklärt Grundböck. Im Gegenteil. Seit einigen Wochen werden wöchentlich bereits mehr als 2000 neue Asylanträge gestellt und die Tendenz ist weiter steigend. Um die Kosten für die Betreuung einer so großen Menge an Asylwerbern zu beziffern, zieht das Innenministerium die Zahlen aus dem Jahr 2013 heran. Damals schlug sich die Grundversorgung von 22.000 Flüchtlingen mit 170 Millionen Euro im Staatshaushalt zu Buche. Das bedeutet etwa 7700 Euro pro Flüchtling im Jahr.

"Aktuell haben wir bereits 44.000 Menschen in der Grundversorgung", so Grundböck. Budgetär sind das Kosten von 340 Millionen Euro, bei 80.000 würde die Zahl auf knapp 620 Millionen Euro steigen.

Auswirkungen

Ganz abgesehen von den Kosten und dem akuten Platzmangel stellt die Situation den Staat vor noch ganz andere Probleme. Speziell in Ostösterreich stürzt der Flüchtlingsstrom die Polizei in eine schwere Krise. In NÖ, das mit täglich fast 200 Illegalen-Aufgriffen zu kämpfen hat, lähmen die Aufnahme-Formalitäten die eigentliche Polizeiarbeit.

Schon jetzt müssen einzelne Inspektionen zugesperrt werden, weil täglich im Schnitt 100 Beamte im heillos überfüllten Lager Traiskirchen dafür sorgen müssen, dass die Lage nicht eskaliert. "Die Stimmung in Traiskirchen ist am Kochen. Wir müssen die Kollegen vor Ort so gut es geht unterstützen. Aber das blockiert natürlich die gesamte Polizeiarbeit im Bundesland", erklärt der oberste rote Polizeigewerkschafter in Niederösterreich, Martin Noschiel.

Täglich werden Streifen aus den umliegenden Bezirken abgezogen und zum Dienst in die Erstaufnahmestelle geschickt. "Besonders schlimm ist es dann, wenn in Traiskirchen etwas passiert", sagt Noschiel. So wie vergangene Woche.

Unterbesetzt

Weil bis zu 300 Asylwerber an gewalttätigen Ausschreitungen beteiligt waren, wurden in der Nacht auf Freitag Polizeistreifen aus ganz NÖ zur Verstärkung angefordert – sogar aus weit entfernten Bezirken wie Krems und Zwettl. Als Folge waren in einigen Landesteilen Polizeiinspektionen stundenlang un- beziehungsweise unterbesetzt. "Das geht so lange gut, bis nirgendwo anders etwas passiert. Aber wenn doch, dann gibt es einen Aufschrei", schildern Beamte, die regelmäßig im Lager Dienst versehen. Aus Angst vor Konsequenzen wollen sie aber nicht namentlich genannt werden. Schlimm sei die Lage vor allem in den grenznahen Gebieten oder entlang der Ostautobahn. "Tagtäglich warten wir am Funk, bis es wieder heißt, 20 Asylwerber dort und dort. Pro Asylwerber bedeutet das einen Verwaltungsaufwand von zirka zwei Stunden bis zur Einlieferung nach Traiskirchen. Normale Parteien, die zum Beispiel einen Einbruch anzeigen wollen, müssen wir meistens wegschicken", schildert ein Beamter.

Ausschreitungen in Traiskirchen:

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Traiskirchen Polizei Flüchtlingslager Asyl Asylwer…
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Traiskirchen,Tumulte,Flüchtlingslager…
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Traiskirchen
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Traiskirchen
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ASYL: ERSTAUFNAHMEZENTRUM TRAISKIRCHEN

Laut Polizeisprecher, Oberst Markus Haindl, sollen genau aus diesem Grund vier neue Schwerpunkt-Dienststellen für das Asylwesen Abhilfe schaffen. Die Zentren in St. Pölten, Schwechat, Bad Deutsch-Altenburg und Marchegg wurden vergangene Woche in Betrieb genommen. "Durch die Professionalisierung dieser Dienststellen sollen die restlichen entlastet werden", sagt Haindl.

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