Wo Hunde ein letztes Zuhause voller Liebe finden
Von Teresa Sturm
Besucht man Sabine Neumann und ihr Hundehospiz, lernt man schnell viele Namen und die dazugehörigen Lebensgeschichten kennen. Zita etwa ist ein Angsthund und stolze zwanzig Jahre alt, hat im sogenannten „Tierreich“ in Plank am Kamp im Bezirk Krems-Land aber große Fortschritte gemacht. Oder Bibi, die völlig verwahrlost war, als sie nach Niederösterreich gekommen ist. Trotz vieler gesundheitlicher Probleme strotzt sie wieder vor Lebensfreude.
Das Hundehospiz sei Schritt für Schritt entstanden, erzählt Neumann. In Spitzenzeiten habe man 14 Hunde beheimatet, derzeit sind es neun. Dazu kommen noch ihre eigenen Hunde, die sie in die Arbeit mitnimmt, sowie jene der Tierpflegerinnen.
Begonnen hat alles mit Felix. Der Collie hätte 2008 eingeschläfert werden sollen, weil er jemanden gebissen hat. Er lebte von 2008 bis 2010 im Hospiz und entwickelte sich sogar so gut, dass er in ein neues Zuhause vermittelt werden konnte.
Seither konnte Neumann unzähligen Hunden lebenswerte letzte Jahre ermöglichen. Neumann möchte nicht, dass Tiere in der Anonymität irgendeines Tierheimzwingers ihre letzten Tage verbringen und irgendwann alleine sterben. Sie will einen letzten Ort der Liebe und Zuwendung für alte, kranke Tierschutzhunde bieten.
Mit Vorurteil brechen
Neumann ist tierschutzqualifizierte Hundetrainerin und Gerichtssachverständige für Hunde, vor allem aber sei sie Tierschützerin aus Überzeugung. Neumann will mit dem Vorurteil brechen, dass es im Tierheim nur aggressive Hunde mit Problemen gibt. „Traumhunde gibt es auch im Tierheim“, sagt Neumann.
Bester Beweis dafür sind die Tiere selbst. Collie Luki etwa wurde geschlagen, hat dadurch sogar sein Augenlicht verloren. Kaum betritt man das Hundehospiz, kommt er allerdings sofort neugierig angelaufen und bittet um Streicheleinheiten. Der Collie stammt aus Ungarn, wurde dort nach dem Tod seines Halters weiter vererbt, erlebte nur noch Gewalt. Über eine Tierschutzorganisation kam er nach Niederösterreich und verbringt nun ein schönes Leben mit Collie Tessy.
Doch nicht alle Tiere im „Tierreich“ wurden in ihrem früheren Leben misshandelt. Bei der 14-jährigen Gina konnte sich der Halter nicht mehr kümmern, sie kam ins Wiener Tierquartier, wurde dort depressiv, gab sich auf. Im Hospiz sei sie wieder aufgeblüht.
Möglich macht das ein Team von tierliebenden Menschen. Neben Neumanns Ehemann Robert helfen mehrere hauptamtliche Betreuerinnen sowie ehrenamtliche Unterstützer mit den Hunden.
„Die Tiere, die herkommen, erfahren teilweise erstmals, was ein gutes Hundeleben ausmacht“, ist Neumann überzeugt von ihrer Arbeit. Manchen hätte der Arzt nur noch zwei Wochen Lebenszeit gegeben, „die waren dann noch zwei Jahre bei uns, einfach, weil es ihnen hier gut geht“. Hier in Plank am Kamp würden die Tiere und ihre Persönlichkeiten wahrgenommen und individuell gepflegt, sagt Neumann.
Sterbebegleitung
Bei kranken und alten Hunden sei aber natürlich die Sterbebegleitung auch ein wichtiger Teil der Arbeit. „Man lernt den Zeitpunkt, wann man die Tiere einschläfern muss, immer besser zu erkennen.“ Wenn es vorhersehbar ist, seien auch immer die Hauptbezugsperson und Neumann selbst da. Meistens kommt der Tierarzt ins Hospiz und die Hunde machen ihre letzten Atemzüge an ihrem Lieblingsort – etwa im Garten oder ihrem Körbchen. „Das ist ein friedvoller Prozess, wo man auch mit sich selbst im Reinen Abschied nehmen kann“, sagt Neumann.
Wie bei allen Dingen bekomme man auch hierin eine Routine. „Es verändert sich die Einstellung zum Sterben. Man sieht das immer mehr als Teil des Lebens an und lernt, es zu akzeptieren. Wir können dem Leben nicht mehr Tage geben, aber den Tagen mehr Leben.“
Die Tiere werden vor dem Hospiz beerdigt, die Gräber werden individuell gestaltet. Die Blumen sollen zum jeweiligen Hund passen. „Damit bleiben sie Teil des Tierreichs.“ Wer das Hospiz gerne unterstützen möchte, kann das mit Geldspenden oder einer Patenschaft tun: www.tier-reich.at
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