Kirche schließt all ihre Kindergärten in Niederösterreich
Von Patrick Wammerl
Der Kirche laufen die Schäfchen davon. Im Vorjahr ist die Zahl der Kirchenaustritte in Österreich um fast 15 Prozent gegenüber dem Vorjahr gestiegen, 67.583 Personen kehrten der katholischen Kirche den Rücken zu. Trotz dieser Entwicklung will die Erzdiözese Wien ihr Betreuungsangebot mit christlich-religiöser Erziehung für die Kleinsten in Niederösterreich aufgeben Aus „Kosten- und Effizienzgründen“, so die Diktion, schließt die Erzdiözese in zwei Jahren all ihre neun Pfarrkindergärten mit 420 Plätzen im Bundesland.
Die Entscheidung stößt vor allem in den betroffenen Gemeinden auf wenig Verständnis. Jahrzehntelang ist die Kirche in den Pfarrkindergärten ihrem Auftrag nachgekommen, „soziales und christliches Engagement für gelebte Nächstenliebe“ zu vermitteln. Das geht aber nicht mehr um jeden Preis.
Tropfen auf dem heißen Stein
Weil die Fördersituation in NÖ so sei, dass die Erzdiözese zu viel an Eigenmittel zuschießen müsse, legt die Kirche die noch neun verbliebenen Standorte (Leopoldsdorf, Baden, Neunkirchen, St. Valentin, Pottschach, Wimpassing, zweimal Wiener Neustadt und Zillingdorf) endgültig still. Trotz des Elternbeitrags und der Subventionen müsse die Kirche für die 420 Plätze jährlich 390.000 Euro zuschießen, erklärt dazu der Sprecher der Erzdiözese Wien, Michael Prüller.
Dies sei allerdings nur der Tropfen auf dem heißen Stein. „Wegen dringender Sanierungen wären in den kommenden Jahren zusätzlich fünf Millionen Euro an Investitionen notwendig. Das ist weder den Kirchenbeitragszahlern noch den Eltern zuzumuten“, sagt Prüller.
Ganz anders stellt sich die Situation hingegen in Wien dar, wo die Diözese mehr als 100 Kindergärten betreibt. „Dort ist die Fördersituation eine andere und außerdem sind wir anders strukturiert“, erklärt Prüller.
Man habe in Wien alle Standorte in einer Stiftung zusammengefasst und könne daher durch die vorhandenen Synergieeffekte besser wirtschaften. „Anders als in NÖ müssen wir dort nicht finanziell zuschießen. Daher bauen wir in Wien das Angebot sogar aus“, sagt Prüller.
Dieses Engagement in der Bundeshauptstadt gehe allerdings auf Kosten der niederösterreichischen Kinder, heißt es dazu aus den betroffenen Gemeinden im Vikariat unter dem Wienerwald. Einige Pfarrgemeinden, Elternvertreter sowie eine Plattform aus dem Bezirk Neunkirchen, haben daher Protest gegen die Schließungen eingelegt. Auch Briefe an die Erzdiözese sind ergangen. Allerdings scheint die Entscheidung für festzustehen. Diese Erfahrung hat man auch in St. Pölten gemacht, wo die Entscheidungsträger des Landes nur noch vor vollendete Tatsachen gestellt wurden.
Seit der Information durch die Diözese ist man bei der Abteilung Schulen und Kindergärten des Landes um Lösungen bemüht. Zumal die Nachfrage nach den Kindergartenplätzen an einigen Standorten extrem groß sei. Vereinzelt gibt es sogar lange Wartelisten für die begehrten Betreuungsplätze. Allerdings gibt man zu bedenken, dass die neun Standorte bei insgesamt 1.098 Kindergärten in ganz Niederösterreich nur einen Bruchteil des bestehenden Betreuungsangebotes ausmachen.
Land streckt die Hand aus
Bis Herbst 2022 soll nun mit den betroffenen Gemeinden oder möglichen privaten Trägern gemeinsam nach Konzepten gesucht werden, die Standorte zu erhalten. Die Gremien in den einzelnen Pfarren sind aufgefordert, eine Entscheidung betreffend der weiteren Vorgehensweise auf lokaler Ebene zu treffen. „Wir werden den betroffenen Gemeinden in diesem jetzt notwendigen Prozess ein guter Partner sein und gemeinsam eine Lösung im Sinne der Kinder und Eltern finden“, erklärt dazu Bildungslandesrätin Christiane Teschl-Hofmeister (ÖVP).
Was die Vermittlung christlicher Werte bei den Jüngsten anbelangt, hat man bei der Diözese übrigens keine Angst, dass die Schließungen negative Auswirkungen haben könnte. „Es gibt in unserem Betreuungsgebiet in Niederösterreich 25.000 katholische Kinder. Die 420 Plätze sind da nur eine winzige Nische“, so Prüller.