Chronik/Niederösterreich

Jochen Danninger: „SPÖ wollte alles oder nichts“

Für den Klosterneuburger Jochen Danninger hatte sich von einem Tag auf den anderen alles geändert. Zuerst war er nach der Landtagswahl im Jänner erneut für ein Amt in der Landesregierung vorgesehen, tatsächlich landete er aber auf dem Sitz des Klubobmannes der ÖVP, als Nachfolger von Klaus Schneeberger. Und wurde damit über Nacht zu einem der wichtigsten politischen Player im Land. Von ihm und seinem FPÖ-Gegenüber Reinhard Teufel hängt es ab, ob die schwarz-blaue Koalition fünf Jahre durchregieren kann.

Dabei war am Anfang alles auf eine schwarz-rote Koalition ausgerichtet gewesen, sagt Jochen Danninger im Interview auf KurierTV. Er widerspricht damit der Kritik der SPÖ, die davon ausgeht, dass eigentlich von Anfang an Schwarz-Blau geplant war. Danninger: „Der Auftrag der Landeshauptfrau an mich war ein völlig klarer: Mache eine Koalition mit der SPÖ.“ Sechs Wochen lang wäre versucht worden, das auch umzusetzen. Aber: „Die SPÖ hat einfach völlige Extrempositionen eingenommen und alles auf den Tisch gelegt, was sie – Gott sei Dank – in den vergangenen 30 Jahren nicht realisieren konnten.“ Dazu habe die Anstellung aller Langzeitarbeitslosen in NÖ gezählt.

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Wenn auf der Seite der Sozialdemokratie nur ein bisschen Wille zum Kompromiss vorhanden gewesen wäre, „hätten wir sicher eine Koalition mit der SPÖ zustande gebracht“. Aber diese habe sich für „alles oder nichts“ entschieden. Und das spiele es im wahren Leben eben nicht.

Mit der FPÖ habe es trotz der vielen Verwerfungen im Wahlkampf „ein besseres Gesprächsklima“ gegeben. Danninger: „Das war konstruktiv, das war professionell, das war auf Augenhöhe.“

Er sei auch mit dem Ergebnis sehr zufrieden und könne alle Punkte des „Arbeitsübereinkommens mit einer zutiefst bürgerlichen Handschrift“ voll und ganz unterschreiben. Auch den umstrittenen Corona-Fonds, auch die neuen Regeln zum Gendern im Verwaltungsdienst.

Der 48-jährige ÖVP-Politiker Jochen Danninger  wurde 2003 von Nationalratspräsident Andreas Khol ins Parlament holt. Später wurde er dann Kabinettschef des damaligen Außenministers Michael Spindelegger, 2013 wurde er Finanzstaatssekretär. 2020 holte ihn Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner als Landesrat nach St. Pölten in ihre Regierung, seit März ist er ÖVP-Klubobmann 

Dass es nach dem Verkünden der schwarz-blauen Koalition zu Protesten – vielfach in Künstlerkreisen – gekommen ist, ist für ihn kein Problem. Jochen Danninger: „Das war und ist eine künstliche Erregung. Das ist immer so, wenn es eine Zusammenarbeit von ÖVP und FPÖ gibt. Komischerweise ist es immer anders, wenn es eine Zusammenarbeit zwischen SPÖ und FPÖ gibt.“

Eiszeit mit der SPÖ

Mit der FPÖ jedenfalls funktioniere die Zusammenarbeit. Mit der SPÖ, die ebenfalls ein Teil der Proporzregierung ist, derzeit allerdings nicht. Die Sozialdemokraten kritisieren, dass mit ihnen bei der Erstellung von Regierungsakten und bei Beschlüssen zu wenig gesprochen werde. Danninger dazu: „Wenn man immer die Hand ausstreckt und versucht, konstruktive Gespräche zu führen, aber das Gegenüber steigt nicht darauf ein, ist irgendwo ein Ende der Fahnenstange erreicht. Aber ich versuche es weiter.“ Man habe nämlich großes Interesse an einem intakten Gesprächsklima.

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Dass sich SPÖ-Chef Sven Hergovich jetzt als „Kontroll-Landesrat“ in der Regierung bezeichnet, kommentiert Danninger so: „Die Landesverfassung sieht das nicht vor. Ein Regierungsmitglied hat die Aufgabe, zu regieren, die Kontrolle ist die Aufgabe des Landtags.“ Nachsatz: „Ich glaube, das zeigt, dass er noch nicht genau weiß, was er eigentlich will.“

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Angesprochen auf die Bundespolitik zeigt sich Jochen Danninger zuversichtlich, dass die ÖVP mit Kanzler Karl Nehammer an der Spitze bei der kommenden Nationalratswahl das Rennen machen wird – trotz nicht berauschender Umfragen. „Umfragen sind das eine, das Gefühl der Menschen ist das andere. Und das Gefühl der Menschen ist, dass sie weder einen Herbert Kickl noch einen Andreas Babler wollen, sondern jemanden, der die breite Mitte der Bevölkerung, der normal denkenden Menschen, vertritt“, sagt der Klubobmann. Jedenfalls genieße Nehammer die volle Unterstützung der Landes-ÖVP.

➤Das TV-Interview mit ÖVP-Klubobmann  Jochen Danninger über  Gendern und den Koalitionspartner FPÖ  am 01.07. um 19.30 Uhr auf  KURIERTV und KURIER.at