Chronik/Niederösterreich

Drasenhofen: Waldhäusl übt heftige Kritik an Mikl-Leitner

Nachdem Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner die Räumung der Asyl-Unterkunft in Drasenhofen (Bezirk Mistelbach) veranlasst hat, zeigt sich der zuständige Landesrat Gottfried (FPÖ) empört. Der Landeshauptfrau scheine der Schutz der Täter wichtiger als jener der Opfer und der Bevölkerung, merkte er am Montag an.

Er hoffe nur, "dass LH Mikl-Leitner auch dann die Verantwortung übernimmt und die Konsequenzen zieht, wenn wieder gewalttätige Übergriffe passieren", sagte Waldhäusl. Die Landeshauptfrau habe den Schutz für straffällig gewordene Täter übernommen. "Einige werde ich aufgrund ihrer gerichtlichen Verurteilungen und ihrer einsetzenden Volljährigkeit ohnehin in etwa einem Monat abschieben lassen", kündigte Waldhäusl an.

"Anschein eines Freiheitsentzuges"

Inzwischen wurde bekannt, was genau im Bericht der niederösterreichischen Kinder- und Jugendanwaltschaft basierend auf dem Ortsaugenschein vom 30. November in der Unterkunft für auffällige minderjährige unbegleitete Flüchtlinge in Drasenhofen (Bezirk Mistelbach) steht. So seien grobe Hygienemängel vorgefunden wurden, Einrichtungsgegenstände wie Betten seien nur notdürftig aufgestellt worden. Es sei kein jugendgerechter Aufenthaltsraum vorgefunden worden.

"Die Einrichtung erweckte den Anschein, als wenn sie nicht aktiv in Betrieb wäre." Außerdem heißt es, dass eben der bekannte Stacheldraht um die Einrichtung aufgestellt wurde. Und: "Die Minderjährigen dürfen sich nur im Haus frei bewegen. Es ist ihnen laut Aussage der anwesenden Mitarbeiter nur erlaubt, die Einrichtung ausschließlich  mit Security und nur für sehr begrenzte Zeit (zur Tankstelle, zum Einkaufen). Dies erweckte den Anschein eines Freiheitsentzuges."

"Außer Rauchen keine Beschäftigung"

Außerdem hätten die Jugendlichen sichtlich keine Beschäftigung gehabt. Seitens der angetroffenen Mitarbeiterin sei zwar mehrfach versichert worden, dass Freizeitmöglichkeiten in Zukunft geplant sind. Zurzeit seien diese laut Bericht jedoch nicht im Ansatz erkennbar gewesen. "Sie lagen - mit Ausnahme eines Jugendlichen - um 11 Uhr schlafend im Bett, was gegen eine übliche geordnete Tagesstruktur spricht." Einer der befragten Jugendlichen gab an, dass es außer Rauchen keine Beschäftigung gebe.

Außerdem würde der Kontakt von außen unterbunden werden. "Laut Aussage eines Jugendlichen darf er seine Vertrauensperson nicht sehen. Diese Aussage wurde in Anwesenheit der Mitarbeiterin getätigt und von dieser bestätigt", heißt es weiter.

Alle Inhalte anzeigen

"Keine Übergabe persönlicher Daten"

"Es wurde auch ein finanzieller Schaden von dem interviewten Jugendlichen angegeben, der durch den unvorhergesehenen Abbruch der bestehenden Betreuungssituation entstanden sein soll", steht auch geschrieben. Laut Aussage der anwesenden Mitarbeiterin sei teilweise keine Informationsweitergabe durch die unterbringenden Stelle erfolgt. "Sie konnte auf Anfrage nicht beauskunften, ob und welcher Jugendliche möglicherweise auffällig sind (sic!), da laut ihrer Angabe keine Übergabe der persönlichen Daten erfolgt ist", so der Bericht.

Die Unterkunft widersprach, so der Bericht weiter, grob den Kinderrechten und gefährdet aus Sicht der nö. Kinder- und Jugendanwaltschaft akut das Kindeswohl.

Waldhäusl selbst hatte auf KURIER-Anfrage am Freitagnachmittag die Mängel noch als "nicht weltbewegend" bezeichnet. Er sagte, ihm liege der Bericht vor und darin würden lediglich etwa  kahle Wände, ein veralteter Laminatbod und ein verschmutztes WC beanstandet werden.

Anzeige gegen Waldhäusl

Unterdessen hat Rechtsanwalt Georg Zanger heute, am Montag, eine Anzeige gegen FPÖ-Landesrat Gottfried Waldhäusl ( FPÖ) bei der Staatsanwaltschaft eingebracht.

Diese liegt dem KURIER vor. Darin heißt es etwa: "Dem Freiheitsentzug (Stacheldraht, Securities mit Hund, beschränkter Ausgang nur in Begleitung, Anm.) lag kein Gerichtsentscheid zugrunde, das ein solches Verhalten gerechtfertigt hätte." Weiter steht geschrieben: "Es handelt sich vielmehr um eine willkürliche, noch dazu wegen der Rechtswidrigkeit unter Gemeinhaltung vom Verdächtigen durchgeführte Aktion, die den Betroffenen jedes Recht auf Einspruch oder Beschwerde entzog." Es handle sich um einen "Freiheitsentzug unter besonders unmenschlichen Bedingungen, die den minderjährigen Jugendlichen erheblichen psychischen Schaden zugefügt hat".

Im Hinblick darauf, dass der Verdächtige in seiner Funktion als zuständiger niederösterreichische Landesrat diese Aktion angedacht, angeordnet und durchführen habe lassen, er so mit Vorsatz gehandelt habe, die betroffenen Minderjährigen ihrer Freiheit zu berauben, habe er auch den Tatbestand des Paragraphen 302 des Strafgesetzbuches, Missbrauch der Amtsgewalt, verwirklicht.

Dies werde auch dadurch belegt, heißt es weiter in der Anzeige, dass Waldhäusl mangelnde Reue gezeigt habe und im Gegenteil eine "absurde Begründung" geliefert habe, "all dies sei zum Schutz der Jugendlichen vorgenommen worden". Zanger beantragt daher ein Strafverfahren gegen den Verdächtigen wegen Freiheitsentziehung bzw. Freiheitsentzug und Missbrauch der Amtsgewalt. Er bezieht sich in seiner Anzeige auf verschiedene Medienberichte.

Im Gespräch mit dem KURIER sagt Zanger über das weitere Vorgehen: "Die Behörde muss jetzt zuerst einmal prüfen, ob wahr ist, was in den Medienberichten steht. Zweitens muss geprüft werden, ob wahr ist, dass alle Kriminelle waren, wie er behauptet hat."

Asylkoordination möchte Jugendlichen zu Recht verhelfen

Auch die Asylkoordination hatte eine Anzeige angekündigt. Herbert Langthaler sagt: "Wir werden eine Ergänzung zu Georg Zangers Sachverhaltsdarstellung ausarbeiten. Und wir werden versuchen, einen Jugendlichen zu fragen, ob er sich noch als Privatbeteiligter anschließen möchte, weil er durch diese Aktion in Angst und Schrecken versetzt wurde. Deswegen werden wir schauen, ob es die Möglichkeit gibt, mithilfe des Jugendlichen den anderen zu ihrem Recht zu verhelfen." Es werde geschaut, welcher Jugendliche sich psychisch in der Lage dazu fühle.

Als Ergänzung wird die Asylkoordination vor allem den auch dem KURIER vorliegenden E-Mail-Verkehr einreichen, der im Vorfeld der Überstellung der Jugendlichen stattgefunden hat. Am Montag erneuerte die NGO ihre Kritik an der Kinder- und Jugendhilfe. Die Einrichtung habe laut einer Aussendung der Asylkoordination nicht zum Wohle der Kinder gehandelt.

Von der für Kinder- und Jugendhilfe zuständigen Landesrätin Ulrike Königsberger-Ludwig (SPÖ) hieß es dazu: „Allem Anschein nach hat eine Mitarbeiterin der Kinder- und Jugendhilfe auf Weisung von Landesrat Waldhäusl eigenmächtig gehandelt, ohne die Umsetzung mit ihren Vorgesetzten abzustimmen.“ Auf ein in der Vorwoche verschicktes Schreiben an das Büro Waldhäusl, in dem sie um Aufklärung betreffend der Zuweisungsmodalitäten und der Einbindung der Bezirksverwaltungsbehörden ersucht habe, habe sie bisher noch keine Antwort erhalten. Personelle Konsequenzen könne aus Kompetenzgründen allein Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) ziehen.

Aus dem Büro Waldhäusl heißt es zu der Causa am Montagnachmittag: „Gemäß Vertrag mit dem Land NÖ steht es dem Land frei Verlegungen ohne Angabe von Gründen jederzeit durchzuführen. Daraus resultiert keine Verpflichtung, den Einrichtungsbetreiber vorher zu verständigen. Es ist auch üblich und jeder Einrichtungsbetreiber weiß, dass bei Überstellung des unbegleiteten minderjährigen Flüchtlings natürlich der Akt übergeben werden muss.“

Alle Inhalte anzeigen