Chronik/Niederösterreich

Der schwierige Weg zur Unabhängigkeit von Gas und Öl

Von der südlichen Stadtgrenze Wiens bis nach Baden ist im „Naturwärme-Netz“ des Energieversorgers EVN Fernwärme auf Basis von Biomasse verfügbar. Allerdings mittlerweile nicht mehr in jenem Umfang, wie angesichts deutlich gestiegener Nachfrage nötig wäre. „Wir hatten schon Pläne zur Erweiterung, weil es großes Interesse von Privaten und Unternehmen gab, von fossilen auf erneuerbare Energiequellen umzusteigen“, sagt EVN-Sprecher Stefan Zach. Dieses Interesse habe sich seit den massiven Steigerungen des Gaspreises noch weiter verstärkt.

„Uns erreichen täglich Hunderte Anfragen“, berichtet Zach. „Die Kunden wollen von einer fossilen Einzelheizung umsteigen, ob aus preislichen oder ökologischen Gründen.“ Das Problem ist allerdings, dass zwar das Interesse an erneuerbaren Energieformen steigt, die dazu nötigen Kraftwerke aber offensichtlich niemand in unmittelbarer Umgebung haben möchte. Erst im vergangenen Jahr war ein von der EVN geplantes Biomasse-Heizwerk in Biedermannsdorf (Bezirk Mödling) in einer Volksbefragung von 80 Prozent der Bewohner abgelehnt worden.

Suche nach Standort

„Wir sind im Bezirk Mödling jetzt auf der Suche nach einem zusätzlichen Standort, den wir brauchen, um das Netz zu erweitern, weil wir an Grenzen stoßen. Der Bedarf steigt von Woche zu Woche und wir sind mit der Naturwärme an einem Endpunkt angelangt“, bedauert Zach. „Alles was wir zusätzlich liefern, stammt aus Gaskesseln. Daher hat die Entscheidung in Biedermannsdorf auch zu einem höheren Bedarf an Erdgas und zusätzlichem CO2-Ausstoß geführt.“

Man suche nun „einen alternativen Standort in einer Gemeinde, der Klimaschutz ein wichtiges Anliegen ist. Ich glaube, dass vielen Menschen jetzt bewusst wird, dass der Weg in Richtung erneuerbare Energien gehen muss. In den letzten Wochen gibt es da ein eindeutiges Signal.“

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Vorerst konzentriere man sich auf einen Ausbau bestehender Kraftwerke, nicht auf Neubauten. „Wir werden bestehende Biomasse-Anlagen ertüchtigen, um den Mehrbedarf befriedigen zu können“, kündigt Zach an. Vorrangig behandelt würden Anfragen aus Gemeinden, in denen bereits Anlagen vorhanden sind. Limitiert würden die Erweiterungspläne nämlich auch durch aktuelle Lieferengpässe bei Material, wie Leitungen oder elektronischen Anlagenteilen.

Er kann aber auch von einem Positivbeispiel berichten: In Krems laufe gerade der Umstieg von russischem Erdgas auf Hackschnitzel aus heimischen Wäldern. „Mit einer Anlage, fast baugleich wie in Biedermannsdorf, die dort aber ohne Einsprüche und auf raschestem Weg umgesetzt werden konnte“, so Zach. „Weil die Gemeinde voll dahinter steht. Bis Ende des Jahres werden wir umstellen.“

Heizungstausch

Ein Umstieg in Richtung Unabhängigkeit von Gas- oder Öllieferungen könne jedoch nur mit einem „Mix an unterschiedlichen Systemen“ gelingen, betont Zach: „Wärmepumpen, Solaranlagen, Biomasse, Naturwärme.“

Gefragt wie noch nie sind deshalb derzeit auch Installateure und Energieberater, wenn es darum geht, alte Öl- und Gasheizungen gegen modernere Systeme auszutauschen. Vor allem Luft-Wasser-Wärmepumpen stehen dabei hoch im Kurs, wie Gerald Kopsa, stellvertretender Innungsmeister der Sanitär-, Lüftungs- und Heizungstechniker in Niederösterreich, bestätigt. „Weil man sie relativ einfach auf seinem Grundstück aufstellen kann, ohne zusätzliche Bewilligungen dafür einholen zu müssen.“

Verzögerungen

Wer einen solchen Tausch rechtzeitig für die nächste Heizsaison plant, sollte aber rasch handeln. „Drei bis vier Monate Wartezeit sind das Minimum“, sagt Kopsa. Grund dafür seien Lieferengpässe, die sich in den letzten Wochen noch verschärft hätten.

Wenn ein Tausch nicht möglich sei, biete man alternativ eine Optimierung der vorhandenen Heizung, sagt Hannes Stiastny, Installateur in Baden: „Das bringt immerhin ein bisschen Ersparnis.“