Betrunkene belästigt: Taxler „deutete Signale falsch“
Von Stefan Jedlicka
Die junge Frau war betrunken – schwer betrunken, wie sie selbst zu Protokoll gab – als sie in den frühen Morgenstunden des 17. Oktober 2021 in Wiener Neustadt ein Taxi rief, um nach Hause gebracht zu werden. Zunächst gemeinsam mit einem Freund. Der stieg jedoch früher aus, die Frau blieb alleine mit dem Fahrer im Wagen.
Ob sie sich dort, wie der Taxilenker behauptet, ihm gegenüber „anzüglich“ verhalten hat, lässt sich nicht mehr klären. Dass der Mann die „Signale falsch gedeutet“ hat, ist allerdings offensichtlich. Denn kurz nachdem die Frau seinen Wagen verlassen hatte, erstattete sie Anzeige gegen den 50-Jährigen. Er habe sie vergewaltigt, lautete der Vorwurf, der sich durch eine Untersuchung im Krankenhaus aber nicht bestätigen ließ. Keinerlei DNA-Spuren deuteten darauf hin.
„War ein großer Fehler“
Sehr wohl fanden sich jedoch DNA-Spuren des Taxlers am BH der Frau und an der Innenseite ihres Oberteils. Die Staatsanwaltschaft Wiener Neustadt legt dem Familienvater daher das Verbrechen des sexuellen Missbrauches einer wehrlosen Person zur Last. Er habe „das alkoholisierte und tief schlafende Opfer unter Ausnützung dieses Zustandes mehrfach auf den Hals und die unbekleideten Brüste geküsst“, heißt es in der Anklageschrift.
Und der 50-Jährige bestreitet dies auch nicht. „Es war ein großer Fehler, es tut mir furchtbar leid“, ist einer der wenigen Sätze, die er sich am Landesgericht Wiener Neustadt entlocken lässt. Viel mehr will er zum Vorfall nicht sagen. „Es ist ihm sehr peinlich und es fällt ihm schwer, über Sexualität zu sprechen“, erklärt sein Verteidiger. Der Angeklagte habe sich „niemals zuvor etwas zuschulden kommen lassen, aber leider in diesem Fall hinreißen lassen“, bittet er um Nachsicht. Auch wenn „das Verhalten sicher durch nichts zu entschuldigen und absolut verwerflich“ sei.
"Vertrauensstellung ausgenutzt"
Ins Gefängnis muss der 50-Jährige nicht. Der Schöffensenat verurteilt ihn (nicht rechtskräftig) zu einem Jahr bedingter Haft. Bis zu fünf Jahre wären aufgrund der Anklage möglich gewesen. „Sie haben eine besondere Vertrauensstellung ausgenutzt“, betont der Vorsitzende. „Ein Fahrgast muss sich darauf verlassen können, dass er in ihrem Taxi in Sicherheit ist.“ Die Ermahnung erscheint umso wichtiger, als der 50-Jährige weiterhin Taxi fährt. „So etwas wird nie mehr vorkommen“, beteuert er. Zur Unterstützung wird ihm trotzdem ein Bewährungshelfer zur Seite gestellt.