Antikörper-Tests: Der Dunkelziffer auf der Spur
von Victoria Schmidt
Ein kleiner Stich in die Fingerkuppe, ein Blutstropfen, der auf einem Teststreifen ausgewertet wird, ähnlich einem Schwangerschaftstest – so sieht die Corona-Antikörpertestung aus, die am Samstagmorgen in Reichenau an der Rax (Bezirk Neunkirchen) startete. In den ersten drei Stunden ließen sich bereits rund 500 Personen testen. Durchgeführt wurde die Testung vom Landessanitätsstab in Kooperation mit Notruf 144, dem Roten Kreuz, der Bezirkshauptmannschaft und der Gemeinde.
Corona-Hotspot
„Ziel der Testungen ist, die weltweite Forschung zu unterstützen. Wir möchten Erkenntnisse über die Dunkelziffer gewinnen und wollen wissen, wie sich das Virus verbreitet“, sagt Gesundheitslandesrätin Ulrike Königsberger-Ludwig (SPÖ). Wie berichtet wurde Reichenau für die Studie ausgewählt, weil es hier bereits im März einen Corona-Hotspot gab. Zwischenzeitlich befanden sich mehr als 200 Personen in Quarantäne. Die Höchstzahl an Erkrankten (70 Personen) wurde am 28. März erreicht. Niederösterreichweit wurde die Höchstzahl von 1.475 positiv Getesteten erst am 5. April registriert. Zu diesem Zeitpunkt gingen in Reichenau die Zahlen bereits wieder zurück. Seit Anfang Mai wurden in der Gemeinde keine Fälle mehr registriert. Königsberger-Ludwig führt das darauf zurück, dass die Strategie des Contact-Tracings gut funktioniert habe: „Damit konnten wir die Ansteckungen gut einfangen.“
Landesweit sind bisher 25.892 sogenannte Absonderungsbescheide ausgestellt worden, mit denen Quarantäne über Erkrankte bzw. mit Erkrankten in Kontakt gewesene Personen verhängt wird. Von der Antikörpertestung, die sich das Land NÖ rund 120.000 Euro kosten lässt, verspricht man sich auch Aufschlüsse über eine Herdenimmunität. „100 Tage nach Ausbruch in der Region ist es jetzt wichtig, zu sehen, wie die Infektionslage wirklich war“, erklärte Landessanitätsdirektorin Irmgard Lechner, die auch festhielt: „Über die Immunität einer Person gibt der Antikörpertest keinen Aufschluss, sondern nur darüber, ob man mit dem Virus Kontakt hatte.“
Die Schnelltests zeigen allerdings keine aktuelle Infektion an, sondern nur, dass die Möglichkeit einer solchen besteht. In diesem Fall wird Betroffenen der dafür geeignete PCR-Test nahegelegt. Insgesamt hat es in Niederösterreich bisher mehr als 96.190 solcher Tests gegeben.
Auch in Weißenkirchen in der Wachau fand am Samstag eine Antikörpertestung statt – unter Leitung der DPU (Danube Private University). Das Ziel ist dasselbe: möglichst viele Aufschlüsse über die Wege des Virus zu erlangen. Um die Studien vergleichen zu können, hat das Land NÖ seine Fragebögen für Testpersonen angeglichen, wie Lechner erläuterte. Genaue Forschungsergebnisse aus Reichenau erwartet sie erst in mehreren Wochen. Eingearbeitet werden sollen nämlich auch die Ergebnisse von Zweitwohnsitzern, für die aufgrund der hohen Nachfrage ein eigener Testungstermin organisiert wird.