Wer Bahn hat, braucht weniger Auto
Von Michael Pekovics
In den vergangenen Jahren ist die Anzahl der Pkw im Burgenland stärker gewachsen als die Bevölkerung. Die Statistik Austria weist für Ende 2021 einen Pkw-Bestand von 203.511 Fahrzeugen aus.
Damit hat das östlichste Bundesland den höchsten Pkw-Anteil pro Kopf aller Bundesländer.
684 Pkw pro 1.000 Einwohner sind im Burgenland gemeldet. Auffällig ist das Nord-Süd-Gefälle, Grund dafür ist das schlechtere Öffi-Angebot im Süden. Eine neue Analyse des Verkehrsclub Österreich (VCÖ) zeigt jetzt, in welchen Gemeinden es die meisten und in welchen die wenigsten Pkw pro Kopf gibt.
Wo gibt es die meisten Pkw pro Kopf?
Spitzenreiter ist Pöttelsdorf im Bezirk Mattersburg mit – hochgerechnet – 851 Pkw pro 1.000 Einwohner, dahinter folgen mit Ollersdorf (821), St. Michael (817) und Kleinmürbisch (790) drei Gemeinden im Bezirk Güssing und mit Grafenschachen (792) eine im Bezirk Oberwart.
Der VCÖ weist allerdings daraufhin, dass die Statistik von kleinen Gemeinden mit größeren Betrieben, die viele Pkw angemeldet haben (oder umgekehrt), verzerrt sein könnte.
Dennoch zeigt sich: Wo es einen Bahnanschluss oder generell ein besseres Öffi-Angebot gibt, sinkt der Motorisierungsgrad. Den geringsten Anteil weisen die Gemeinden Kittsee (406), Pama (552), Gattendorf (564), Edelstal (573), Zurndorf (595) und Nickelsdorf (596) auf. Sie alle liegen im Bezirk Neusiedl am See und verfügen, mit Ausnahme von Edelstal, über eine Bahnanbindung.
Das Burgenland (684 Pkw pro 1.000 Einwohner) liegt vor NÖ (661), Kärnten (656), Oberösterreich (643), der Steiermark (624) und Salzburg (572). Tirol (550), Vorarlberg (547) und Wien (375) lagen Ende 2021 unter dem Durchschnitt (572).
68 Gemeinden liegen unter dem burgenländischen Landesschnitt.
Kosten: Haushalte mit zwei Pkw geben 10.500 Euro jährlich für Mobilität aus, mit einem Pkw sind es 6.300 Euro, ohne Pkw nur 1.550 Euro.
Vergleicht man die 15 größten Gemeinden miteinander, so zeigt sich folgendes Bild: Kittsee (406) liegt vor Parndorf (606), Pinkafeld (609), Neufeld an der Leitha (617) und Neudörfl (627). Die Bezirksvororte reihen sich dahinter ein, den geringsten Motorisierungsgrad hat Neusiedl am See (653), dann folgen Mattersburg (661), Eisenstadt (692), Güssing (701), Oberpullendorf (708), Oberwart (717) und Jennersdorf (722).
Wohin geht die Reise?
Spannend wird sein, ob und wie sich die eingangs erwähnte Entwicklung angesichts der immer stärker steigenden Energiekosten fortsetzen wird. Denn „gerade im Mobilitätsbereich ist das Potenzial, Ausgaben zu reduzieren, hoch“, sagt VCÖ-Experte Michael Schwendinger. Um das eigene Sparpotenzial zu eruieren, empfiehlt der Experte, ein Mobilitätstagebuch zu führen – und dabei bei jeder Autofahrt Alternativen dafür anzuführen.
Mehr Angebot für den Süden
Die Gesamtverkehrsstrategie des Landes beinhaltet eine flächendeckende Versorgung mit einer Mikro-ÖV-Lösung für das Südburgenland, Haltestellen sollen für jeden und jede maximal 300 Meter entfernt sein.
Ein ehrgeiziges Ziel, das sich wohl nicht zu 100 Prozent umsetzen lassen wird. Dazu reicht ein genauer Blick auf die Landkarte des nur dünn besiedelten Südburgenlandes mit zahlreichen Streusiedlungen. Trotzdem steht und fällt öffentlicher Nahverkehr mit einem dichten Netz an Haltepunkten.
1.100 Haltestellen?
Die Gemeinden haben bereits rund 1.100 neue mögliche Haltepunkte gemeldet. Experten, wie Roman Michalek (Miro Mobility) und Andreas Friedwagner (Verracon) erstellen ein Umsetzungskonzept, das nun von den Verkehrsbetrieben Burgenland als Basis für die Umsetzung übernommen wird.
Bei Info-Veranstaltungen wurden vor insgesamt 135 Gemeindevertreterinnen und Gemeindevertretern in den drei südlichen Bezirken die weiteren Schritte vorgestellt. Im September 2023 soll der flächendeckende Mikro-ÖV starten.