Vorwurf der Gewaltausübung: Kindergartenpädagogin vor Gericht
Eine ehemalige Kindergartenpädagogin muss heute, Dienstag, auf der Anklagebank am Landesgericht Eisenstadt Platz nehmen. Der Pädagogin werden Nötigung sowie fortgesetzte Gewaltausübung vorgeworfen.
Die Beschuldigte soll, so der Vorwurf, in einem Kindergarten von 2016 bis 2020 mehrere Kinder beim Essen der Jause bzw. des Mittagsmahls angeschrien haben, wenn ihre Schützlinge nicht essen wollten. Zudem soll die Angeklagte Kindern den Mund mit Daumen und Zeigefinger aufgedrückt und ihnen das Essen in den Mund geschoben haben.
Die 44-Jährige bekennt sich nicht schuldig. "Ich habe die Kinder motiviert, ihre Jause zu essen. Wenn sie das nicht wollten, habe ich gesagt, dass sie die Jause einpacken und nach Hause nehmen sollen", erklärt die Angeklagte. Zudem habe sie Kindern geholfen, die Schwierigkeiten beim Essen hatten. Einem Kind etwa habe sie versucht, das Beißen und Kauen näher zu bringen. "Gewalt habe ich aber nie angewendet. Ich finde so etwas unmöglich".
Warum zwölf ihrer Kolleginnen dann aber anderes aussagen, will die Staatsanwältin von der Beschuldigten wissen. "Ich denke, dass sie mich dort nicht haben wollten."
Sie sei von ihren Kolleginen gemobbt worden. Auch Intrigen seien gegen sie gesponnen worden.
Die Beschuldigte ist nicht mehr im Kindergarten tätig.
"Geweint und geschrien"
Eine frühere Kollegin, die in der Gruppe mit der Beschuldigten zusammengearbeitet hatte, ist die erste der Zeuginnen, die aussagt. Die Kinder hätten teilweise Angst vor der Beschuldigten gehabt, sagt sie. "Ein Bub hat schon, als er in der Früh in den Kindergarten gekommen ist, immer wieder erbrochen", schildert die Angestellte des Kindergartens.
Wenn er seine Jause oder das Mittagessen nicht einnehmen wollte, habe ihre Kollegin dem Kind mit Daumen und Zeigefinger den Mund aufgedrückt und ihm das Essen in den Mund geschoben. Manche Kinder hätten geweint und geschrien.
"Kosten musste ein jeder, ob er wollte oder nicht", sagt die Zeugin.
Auch ein Bub, der keine Linsen mochte, musste diese immer wieder essen. Tat das Kind das nicht, soll die Pädagogin ihm das Essen in den Mund geschoben und die Hand unter das Kinn gelegt haben, sodass der Bub den Bissen schlucken musste.
Sie habe ihre Vorgesetzte dann gefragt, warum sie das tue. "Sie hat gesagt, das Essen sei wertvoll und man darf es nicht wegschmeißen", sei die Antwort gewesen.
"Autoritäres Betriebsklima"
Eine andere Zeugin berichtet von einem Vorfall, den sie erlebt habe. Ein Kind wollte die Hauptspeise nicht essen. "Sie hat gefragt, ob das Kind eine Nachspeise will. Als es ja gesagt hat, hat sie die Nachspeise auf die Kartoffel gegeben und es dem Kind in den Mund geschoben. Sie hat dann immer wieder Essen nachgeschoben", schildert eine Pädagogin.
Sie selbst sei "sehr schockiert" von diesem Vorfall gewesen. Zu ihrer Kollegin habe sie aber nichts gesagt. Nach Gesprächen mit anderen Kolleginnen habe sie sich entschlossen, ihre Beobachtungen an die zuständige Abteilung im Land zu schreiben.
Angst der Pädagoginnen
Zehn weitere Kolleginnen, die auch als Zeuginnen aussagten, bekräftigten diese Schilderungen im Wesentlichen. Es habe ein "autoritäres Betriebsklima" geherrscht, ist immer wieder zu hören. "Alle mussten nach ihrer Pfeife tanzen", schildert eine der Pädagoginnen. Auch sie selber hätten Angst vor ihrer Kollegin gehabt, schildern die Zeuginnen vor Gericht. Aus Sorge, den - für manche befristeten - Job zu verlieren, habe man die Vorfälle nicht gemeldet, ist immer wieder zu hören.
Als Zeugin geladen ist am Vormittag auch die Mutter eines betroffenen Kindergartenkindes. Ihr Sohn habe nicht in den Kindergarten gewollt, sagt die Mutter. "Er hat gesagt, er hat Angst."
Warum er Angst habe, das habe ihr Sohn nicht erläutert. "Ich war schockiert, als ich von der Polizei erfahren habe, was vorgefallen ist", sagt die Mutter.
Schuldspruch
Richterin Karin Knöchl sprach die 44-Jährige schuldig. Bei manchen Kindern sei es wohl nur vereinzelt zu derartigen Vorfällen gekommen. Bei zwei Kindern, die „schlechte Esser“ gewesen seien, habe sich die Angeklagte aber „berufen gesehen, diesen Kindern das Essen beizubringen, wenn nötig auch mit Gewalt“, betonte die Richterin. Das Urteil ist nichts rechtskräftig. Die Angeklagte gab keine Erklärung ab.