Firmenpleiten: „Stunde der Wahrheit“ wird erst folgen
Von Roland Pittner
Von einem normalen Jahr bei Firmeninsolvenzen sei man noch weit entfernt, wie der Kreditschutzverband von 1870 mitteilt. „Die öffentlichen Kassen haben kaum Konkursanträge gestellt, da aufgrund der diversen staatlichen Maßnahmen zur Bekämpfung der wirtschaftlichen Folgen der Corona-Pandemie in vielen Fällen längst überfällige Insolvenzanträge nicht gestellt werden durften“, sagt Alexander Klikovits, Leiter Unternehmensinsolvenzen vom KSV1870 im Burgenland.
Mit 46 eröffneten Fällen und 33 mangels Kostendeckung abgewiesenen Konkursanträgen waren insgesamt 79 gerichtsanhängige Insolvenzfälle zu verzeichnen, das bedeutet ein Minus von 27,5 Prozent gegenüber dem Vergleichszeitraum des Vorjahrs. Doch 2020 war bereits von der Corona-Pandemie geprägt; im Vergleich zum letzten „normalen Jahr 2019“ sind 52 Prozent weniger Insolvenzen angemeldet worden.
Schieflage
„Auch die zuletzt eingeführte „Safety-Car-Phase“, die laut Finanzminister von 31.000 Unternehmen und Privatpersonen in Anspruch genommen wurde, prolongiert das Hinausschieben vieler Insolvenzen. Auf diese Weise werden auch die in Schieflage geratenen Unternehmer nicht animiert, selbst rechtzeitig einen Insolvenzantrag zu stellen, damit noch die Chance auf Sanierung besteht“, meint Klikovits.
Die größten Insolvenzen im ersten Halbjahr waren jene der Baufirma Kölly in Deutschkreutz mit 9,5 Millionen Euro Schulden. Auch die Kollarits GmbH in Stoob hat mit 8,9 Millionen Euro an Verbindlichkeiten ein Sanierungsverfahren eingeleitet, ebenso wie die SEP Automation GmbH in Hornstein und die Druckzentrum Eisenstadt GmbH mit 1,6 Millionen Euro.
Das vierte Quartal werde einen sukzessiven Anstieg an Insolvenzen bringen. „Auch im kommenden Jahr wird die Stunde der Wahrheit schlagen, sodass Insolvenzfälle, die derzeit durch die staatlichen Stützungsmaßnahmen kaschiert werden, ans Tageslicht kommen“, prophezeit Klikovits. Mit einer Normalisierung bei den Insolvenzen rechnen die Experten des KSV1870 erst in den nächsten ein bis zwei Jahren. Ob der Anteil der sanierbaren Unternehmen durch zu späte Insolvenzanmeldung sinken wird, könne man noch nicht abschätzen.