„Die Wirtschaft im Burgenland wird weiblicher“
Von Stefan Jedlicka
Sie selbst machte den Schritt in die Selbstständigkeit im Jahr 2008, nach ihrer Karenz. „Ich war in der Shopping City Süd als Schneiderin angestellt, die Arbeitszeiten waren aber mit zwei kleinen Kindern einfach nicht vereinbar“, erinnert sich Petra Schumich.
Also ging die Osliperin das Wagnis ein. „Am Anfang war ich unsicher, habe gehofft, dass es schon irgendwie gehen wird. Nach einem Jahr habe ich aber schon eine Mitarbeiterin gebraucht, weil es so gut gelaufen ist“, erzählt sie. „Das dritte Kind ist dann zum Großteil in der Werkstatt aufgewachsen. Anders wäre es nicht gegangen.“
Selbstständigkeit und Familie
Heute beschäftigt die gelernte Damenkleidermachermeisterin Schumich drei Mitarbeiterinnen. Als neue Landesvorsitzende der Wirtschaftskammer-Organisation „Frau in der Wirtschaft“ freut sie, dass immer mehr Burgenländerinnen ihrem Vorbild folgen. „Die Wirtschaft wird weiblicher“, kann sie berichten. „Laut Statistik werden mehr Firmen von Frauen neu angemeldet, als von Männern.“
Zurückzuführen sei dies ihrer Ansicht nach auf die Möglichkeit freierer Zeiteinteilung. „So wie es auch bei mir war. Frauen wollen für ihre Kinder da sein können. Als Angestellte geht man in der Früh aus dem Haus und kommt oft erst spät abends nachhause. Die Selbstständigkeit ist mit der Familie besser vereinbar.“ Besonders beliebt seien nach wie vor „typische Frauenberufe“, wie Friseurin, Fußpflegerin, oder Kosmetikerin, weiß Schumich.
Nachtarbeit
Ihr Tipp für Neugründerinnen: „Vorher sehr genau erkundigen, worauf man achten muss.“ Denn einfach sei der Weg in die Selbstständigkeit keinesfalls. „Als die Kinder noch kleiner waren, habe ich mich tagsüber um sie gekümmert und mich dann am Abend ab 20 Uhr an die Nähmaschine gesetzt. Das hat dann oft bis Mitternacht, oder auch bis 2 oder 3 Uhr gedauert“, berichtet sie.
Derzeit erledige sie Änderungen für Bekleidungsgeschäfte in Eisenstadt – neben individuellen Kleiderbestellungen, etwa für Hochzeiten oder Bälle. Zu Beginn der Corona-Krise nähte Schumich auch Schutzmasken: „Das war ein starkes Geschäft, ist aber inzwischen völlig zurückgegangen.“
Als Frau in der Wirtschaft wolle sie „mehr Anerkennung für selbstständig tätige Frauen erreichen und das Miteinander fördern“, sagt Schumich. Helfen sollen dabei Programme wie „Glernt is glernt“, bei dem ehemalige Lehrlinge, die sich selbstständig gemacht haben, ihre Erfahrungen präsentieren, oder „Unternehmerin macht Schule“, das Jugendlichen Mut machen soll, nicht nur Angestelltenberufe zu wählen, sondern selbst ein Unternehmen zu gründen.