Die Sektkorken knallen verspätet – aber sie knallen
Von Thomas Orovits
Jetzt knallen doch noch die Sektkorken: Schlumberger hat am Freitag mitgeteilt, mit dem Bau des neuen Produktionswerks in Müllendorf noch heuer zu beginnen. Spatenstich samt Baubeginn sind im Juni, im Laufe des Jahres 2025 sollen Produktion und Abfüllung von Wien-Heiligenstadt nach Müllendorf übersiedeln.
Schauen wir zurück: 2017 hatte der Sekthersteller mit Standorten in Wien und NÖ kundgetan, seine neue Produktionsstätte wegen Anrainer-Protesten nicht am niederösterreichischen Stammsitz in Bad Vöslau, sondern im Burgenland zu errichten. Geplanter Baubeginn an der Südostautobahn A 3: Mitte 2018. Auf einem zwölf Hektar großen Grundstück im Businesspark der Landeswirtschaftsagentur WiBUG sollten 70 Millionen Euro investiert werden und 60 Mitarbeiter Beschäftigung finden.
Plötzlich gab‘s auch in Müllendorf Anrainerproteste, die örtliche Volkspartei mischte dabei in der roten Gemeinde kräftig mit. Man störte sich am geplanten 33 Meter hohen Logistikturm, der das Ortsbild stören könnte. Als Schlumberger schließlich ganz auf den Turm verzichten und die Logistik in Achau (NÖ) belassen wollte, kamen Corona und Ukrainekrieg. Deshalb warte man „mit der Umsetzung des Projekts in Müllendorf ab, bis sich die Lage hoffentlich bald wieder beruhigt hat“, sagte ein Schlumberger-Sprecher vor einem Jahr zum KURIER.
„Aus wirtschaftlicher Sicht macht eine schrittweise Zusammenführung des Herstellungsprozesses an einem Standort Sinn“, erläutert Schlumberger-Geschäftsführer Benedikt Zacherl die Beweggründe für die Übersiedelung. Sie fällt aber eine Spur weniger prickelnd aus: Investiert werden nun ein „mittlerer zweistelliger Millionen-Betrag“ und 35 Mitarbeiter sollen beschäftigt werden – deutlich weniger, als anfangs geplant. Zehn Prozent der Investitionskosten werden gefördert.
Außerdem stoße das 1842 gegründete Unternehmen, das heute in Österreich Marktführer bei Sekt und Spirituosen im Premium-Segment sei, an den beiden derzeitigen Standorten in Wien-Heiligenstadt und Bad Vöslau an Kapazitätsgrenzen, „da sie keine wirtschaftlich sinnvollen Erweiterungen mehr zulassen“, ergänzt Zacherl, der seit zwei Jahren das Sagen bei Schlumberger hat.
Apropos Führung: Zentrale und Unternehmensleitung des Sektproduzenten, der seit neun Jahren mehrheitlich im Eigentum der Schweizer Holdinggesellschaft Sastre SA steht, bleiben weiter in Wien, auch der Standort in NÖ bleibt mit allen Mitarbeitern erhalten.
Im Burgenland hört man die Steine der Erleichterung purzeln: „Es freut uns sehr, dass wir mit unserer Expertise im Standortwettbewerb ein so traditionsreiches Unternehmen für uns gewinnen konnten“, freut sich WiBUG-Geschäftsführer Harald Zagiczek. Und LH Hans Peter Doskozil ergänzt: „Wir werden Schlumberger bei der Umsetzung der Pläne bestmöglich unterstützen.“