Chronik/Burgenland

Burgenland: Grüne Konkurrenz für blaue Regierungswünsche

Eine Sache hat Burgenlands FPÖ-Chef Johann Tschürtz seinem früheren Parteiobmann Heinz Christian Strache voraus: Die Dauer seiner Regierungsbeteiligung. Im Bund war das türkis-blaue Experiment nach rund 1,5 Jahren vorbei; im Burgenland wird die rot-blaue Koalition – abgesehen von etwas vorgezogenen Wahlen – fast die gesamte Periode überdauern.

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Das soll auch so bleiben, geht es nach der FPÖ. „Die Zusammenarbeit funktioniert hervorragend, ist respektvoll und in der Umsetzung perfekt. Wir sind keine Haxlsteller und fallen niemanden in den Rücken“, sagt Tschürtz in der schauTV-Sendung „Warum eigentlich“. Zuspruch erfahre er nicht nur von blauen Parteisympathisanten, sondern auch von SPÖ-Wählern.

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„Nur mit uns hat sich viel getan“

Deshalb erwarte er sich auch, dass die FPÖ im Burgenland das Ergebnis der Landtagswahl 2015 (15 Prozent) halten oder vielleicht sogar steigern könne. Schließlich hätte sich „nur mit uns“ viel getan im Burgenland, gab Tschürtz auch gleich die Parole für den beginnenden Wahlkampf vor.

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Erster Höhepunkt wird der Auftakt am 28. Dezember in Klingenbach sein, Anfang Dezember will man mit dem Rühren der blauen Werbetrommel beginnen.

Auch wenn sich Tschürtz beim Ergebnis auf keine Prozentzahlen festlegen will, eine Sache steht für ihn fest: „Wir wollen wieder in die Regierung und unseren Kurs für mehr Sicherheit fortsetzen.“ Deshalb sei der Urnengang am 26. Jänner auch die „erste Bewertungswahl unserer gemeinsamen Arbeit. Der Wähler wird uns wissen lassen, ob Rot-Blau funktioniert hat.“

Tschürtz will Konzentrationsregierung - und das Innenministerium

Weil Türkis-Blau im Bund das eben nicht getan hat, bringt Tschürtz die Variante einer Konzentrationsregierung ins Spiel. Ähnlich wie in der Schweiz sollen alle Parteien „ihre besten Köpfe“ in die Regierung entsenden, garniert mit „freiem Spiel der Kräfte“ im Nationalrat und jeder Menge direkter Demokratie. Für die FPÖ könne er sich da das Innen- oder Infrastrukturministerium vorstellen, in Anspielung an die beiden ehemaligen Minister in diesen Ressorts, Herbert Kickl und Norbert Hofer.

Sollten aber die türkis-grünen Gespräche scheitern, stünde die FPÖ bereit: „Das Programm liegt ja auf dem Tisch.“

Grüne machen den Blauen Konkurrenz als SPÖ-Partner

Zuvor steht allerdings noch die Landtagswahl an - und deren Ausgang wird mitentscheidend für die weitere Entwicklung sein.

Das Wahlziel der SPÖ für den Urnengang am 26. Jänner 2020 ist so selbstverständlich wie vage: Ein Plus solle vor dem Ergebnis (2015: 41,9 Prozent) stehen, wiederholten die roten Geschäftsführer Christian Dax und Roland Fürst am Montag.

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Und gegen die SPÖ solle sich „auf keinen Fall eine Mehrheit“ ausgehen. Das hieße im Idealfall 18 der 36 Mandate, dafür müsste die SPÖ aber die 2015 verlorenen drei Mandate zurückgewinnen. Wie (un)-realistisch das ist, deutete Dax  an: „Das wäre ein Weihnachtswunsch.“

Vom Wunsch zur Wirklichkeit: Die SPÖ wird auch 2020 einen Koalitionspartner brauchen. Aber welchen?

SPÖ Mitglieder für FPÖ oder Grüne

Die Basis hegt die meiste Sympathie für die Fortsetzung von Rot-Blau. 49 Prozent der Mitglieder haben sich in einer aktuellen Erhebung dafür ausgesprochen. 40 Prozent plädieren für Rot-Grün, nur 19 Prozent möchten mit der ÖVP regieren. Mehr als die Hälfte der rund 12.300 SPÖ-Mitglieder haben sich beteiligt, Mehrfachnennungen waren möglich.

Schlechte Karten hat die Volkspartei auch bei SPÖ-Spitzen: Am Samstag hatte sich LH Hans Peter Doskozil beim Parteitag „persönlich enttäuscht“ gezeigt, weil Wirtschaftskammer-Boss Peter Nemeth Kritik am Mindestlohn von 1.700 Euro netto im Landesdienst und an der Gemeinnützigkeit der Pflege geübt hatte.

Am Montag legte Fürst nach: Er vermisse bei der ÖVP die für eine Koalition unabdingbare Handschlagqualität.

"Ich glaube der ÖVP kein Wort"

Auf die Frage, ob er der ÖVP nicht glaube, dass der Erste bei der Wahl Anspruch auf den Landeshauptmann habe? „Ich glaube der ÖVP kein Wort“.

Weit bessere Karten haben die Grünen. Landessprecherin Regina Petrik ist von der hohen Zustimmung zu Rot-Grün „nicht überrascht“.

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Auf Bundes- wie auf Landesebene sei bemerkbar, dass sich viele die Grünen „in der Regierung wünschen“. Die Öko-Partei profitiert von der mittlerweile ganz oben stehenden Klimafrage. Dazu kommt: Dass die frühere Bundesregierungspartei FPÖ fast täglich mit Postenschacher-Vorwürfen (Stichwort: Casinos AG) konfrontiert ist, verleiht auch den pannonischen Blauen keinen Rückenwind.

Für Petrik ist klar, dass die FPÖ „in keiner Regierung“ vertreten sein solle. Umso mehr überrasche sie, dass Doskozil im Koalitionsrennen „die FPÖ in die Pole-Position“ stelle.

FPÖ als "bequemerer" Partner

Eine Präferenz für den bisherigen Koalitionspartner lässt auch Geschäftsführer Fürst erkennen – auch wenn versichert wird, dass „keiner ausgeschlossen wird“. Mit den Freiheitlichen habe man eben „die Erfahrung gemacht, dass es funktioniert“.

Für Neudörfls SPÖ-Bürgermeister Dieter Posch, der die Chance auf ein Landtagsmandat hat, hätten die Grünen viel mehr Charme. Mit den Grünen könne man das „Zukunftsthema Klima glaubwürdig behandeln“ und käme auch bei „Humanismus und Sozialstaat“ auf einen Nenner. Die höhere Zustimmung der SPÖ-Mitglieder zur FPÖ erklärt er so: Die Blauen wären der „bequemere“ Partner.