Schutz und Hilfe seit 60 Jahren im SOS-Kinderdorf Burgenland
Von Stefan Jedlicka
Eigentlich war Marek Zeliska nur für sein Studium aus der Slowakei nach Österreich gekommen. Doch aus der geplanten Rückkehr in sein Heimatland als Theologe wurde letztlich nichts. Denn als gegen Ende seiner Studienzeit eine Vertretung für einen Pastoralassistenten im südburgenländischen Jennersdorf gesucht wurde, zögerte Zeliska nicht lange. „Neue Erfahrungen finde ich immer interessant“, sagt er. „Und weil ich unkompliziert bin, habe ich auch gleich angefangen, hier Fußball zu spielen und bin zur Feuerwehr gegangen.“
Jugendarbeit
Nach einem Jahr wechselte er in die Jugendarbeit der Pfarre Pinkafeld. So kam er erstmals mit dem SOS Kinderdorf in Berührung – und wurde schließlich im Jahr 2009 dort fix angestellt. Heute lebt Zeliska mit seiner Familie im Südburgenland, denn die Zentrale des Kinderdorfes ist nach wie vor in Pinkafeld. „Aus geschichtlichen Gründen. Weil hier 1960 die ersten Häuser in Betrieb genommen wurden“, erzählt er. Pinkafeld war weltweit das siebente SOS-Kinderdorf und gab seither mehr als 500 Kindern und Jugendlichen ein liebevolles Zuhause. Mit dem Wandel der Gesellschaft ging auch eine Erweiterung des Betreuungsangebotes einher. War ursprüngliches Ziel des Kinderdorf-Gründers Hermann Gmeiner vor allem, Waisen ein Leben in Geborgenheit mit einer SOS-Kinderdorfmutter zu ermöglichen, gibt es heute zahlreiche mobile und ambulante Betreuungsformen.
„Völlig unpolitisch“
Außerdem bemüht sich Zeliska um Kooperationen – etwa mit der Organisation Rainbows, die Kinder nach Scheidungen oder Todesfällen unterstützt, und dem Roten Kreuz, das mit seinem Kriseninterventionsteam nach besonders tragischen Ereignissen hilft. „Wir ergänzen uns sehr gut. Im sozialen Bereich von Konkurrenz zu reden, finde ich ja lächerlich“, betont er. Besonders wichtig sei ihm, dass keinerlei parteipolitische Einflussnahme geduldet werde: „Gleichzeitig wollen wir sehr wohl politisch handeln.“
In Pinkafeld leben 120 Kinder, Jugendliche und Familien in unterschiedlichen Betreuungsformen. Insgesamt werden durch das SOS-Kinderdorf Burgenland 250 junge Menschen und deren Familien unterstützt. In einem Haus leben jeweils bis zu sechs Kinder im Alter bis 21 Jahren. Jungen Müttern und Vätern, die vorübergehend Unterstützung benötigen, stehen Wohnungen der Eltern-Kind-Begleitung zur Verfügung. Der Fokus liegt jedenfalls auf einer intensiven Begleitung. Denn: „Unser Ziel ist es immer, die Familien so zu stärken, dass sie wieder selbstständig zusammenleben können“, sagt Zeliska. Der Integrationskindergarten steht auch den Kindern aus der Umgebung offen.
Familien in schwierigen Situationen werden vor Ort von der SOS Mobilen Familienarbeit begleitet. Und angesichts der Flüchtlingsströme der letzten Jahre bietet das Kinderdorf in zwei Wohngruppen auch Plätze für unbegleitete Minderjährige und bildet Gastfamilien aus. „Der Zustand der jungen Menschen, die in letzter Zeit bei uns ankommen, ist teilweise schrecklich“, zeigt sich Marek Zeliska betroffen.
Intensive Betreuung
Ein Pilotprojekt läuft derzeit in Oberwart: Kinder wohnen zwar nicht im SOS-Kinderdorf, werden dort aber über eine übliche Hort- oder Nachmittagsbetreuung hinaus begleitet. „Sie kommen nach der Schule zum Essen und Lernen und verbringen ihre Freizeit bei uns“, berichtet der Kinderdorf-Chef. Parallel dazu wird aber auch ihre familiäre Situation aufgearbeitet. „Es sind Kinder, die wegen gravierender Probleme von der Kinder- und Jugendhilfe zu uns geschickt werden. Sie sind oft gewaltbereit oder auffällig“, sagt er. Der Bedarf sei groß: „In Oberwart sind wir voll. Zehn Kinder können jeweils gleichzeitig betreut werden. Insgesamt sind es mehr, weil ihr Aufenthalt zeitlich gestaffelt werden kann.
Zugenommen habe auch Gewalt oder Drogenmissbrauch in Familien. „Auch wenn die Kinder bei uns leben, bemühen wir uns trotzdem, mit den Eltern zu arbeiten. Sie können zum Beispiel hier am Wochenende bleiben, wir haben dafür eine eigene Wohnung“, schildert Zeliska. Der Erfolg gibt ihm recht: „Das Angebot der Eltern-Kind-Begleitung gibt es jetzt seit zehn Jahren und rund 80 Prozent dieser Familien leben mittlerweile wieder selbstständig.“