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Lungenkrebs: Mehrzahl der Neu-Diagnosen bei Ex-Rauchern

Mit aufrüttelnden Aussagen begann Sonntag in der Messe Wien der Welt-Lungenkrebs-Kongress mit mehr als 6000 Teilnehmern: "Heute, Sonntag, ist ein wichtiger Tag für Österreich. Aber es ist sehr wahrscheinlich für ein globales Thema ein noch viel wichtigerer Tag", betonte der Kongresspräsident und Wiener Lungenkrebsspezialist Univ.-Prof. Robert Pirker (MedUni Wien / AKH Wien), zum Auftakt der Konferenz: "Wir werden sehr bald einen neuen Präsidenten in Österreich haben. Aber wir haben ein ganz anderes Problem: Jedes Jahr werden weltweit ungefähr so viele Menschen, wie Wien Einwohner hat - 1,8 Millionen -, mit Lungenkrebs diagnostiziert", sagte Pirker: "Und 1,6 Millionen Menschen sterben jährlich an Lungenkrebs."

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Zu geringes Bewusstsein

"Das Bewusstsein für Lungenkrebs ist viel geringer als für andere Krebserkrankungen", kritisierte der italienische Onkologe Giorgio Scagliotti von der Internationalen Vereinigung zur Erforschung von Lungenkrebs (International Association for the Study of Lung Cancer, IASLC), die den Kongress auch veranstaltet. Dies sei eine Folge der Stigmatisierung von Menschen mit Lungenkrebs: "Man hat es sich lange einfach gemacht, sich nur auf die Raucher fixiert und ihnen die Schuld zugewiesen. Aber heute erfolgt die große Mehrheit der Neudiagnosen von Lungenkrebs-Fällen bei Ex-Rauchern." Es sei völlig falsch, mit Schuldzuweisungen zu agieren, im Gegenteil, Schuldzuweisungen müssten abgebaut werden. Brustkrebs hingegen sei ein positives Beispiel, wie Bewusstsein geschaffen werden könne.

Scagliotti forderte auch mehr Mittel für die Krebsforschung - und gibt ein Beispiel aus seinem Heimatland Italien: "Ich bin Fußballfan. Im Sommer wurde für einen Spieler, der von Juventus Turin zu Manchester United wechselte (Paul Pogba, Anm.), eine Ablösesumme von 120 Millionen Euro gezahlt. Mein Staat Italien hat 2016 in Onkologie 18 Millionen Euro investiert - irgendetwas bewegt sich da in die falsche Richtung."

Warnung vor ungeprüften Alternativtherapien

Scagliotti betonte auch, dass eindeutig erwiesen sei, dass bei Patienten, die nach international anerkannten wissenschaftlichen Behandlungsrichtlinien therapiert werden, "das Behandlungsergebnis viel besser ist". Es werde "viel an Wundern und an Alternativtherapien versprochen. Aber wenn die Wirkung solcher Therapien nicht in klinischen Studien überprüft wurde, sind sie gefährlich."

Die Chance auf ein langes Überleben (mindestens fünf Jahre) ist bei Lungenkrebs in den vergangenen Jahren von zwölf auf 18 Prozent gestiegen, in bestimmten Untergruppen von Krebserkrankungen ist der Prozentsatz der Langzeitüberlebenden deutlich größer. Viele Patienten sind in dieser Zeit aber mit schweren Entscheidungen konfrontiert, zeigte eine am Sonntag präsentierte Studie der University of Colorado, USA.

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Patienten fehlen Informationen

Studienautorin Laurie Gaspar wertete anonymisierte Fragebögen von 196 Patientinnen und Patienten aus. Dabei zeigte sich: 60 Prozent der Betroffenen sahen sich nach der Diagnose mit schweren Entscheidungen konfrontiert, was das weitere Vorgehen bei Diagnose und Therapien betrifft. Nur ungefähr die Hälfte davon hatte das Gefühl, dass die Entscheidung gemeinsam von ihrem Arzt und ihnen getroffen wird. Und 43 Prozent beklagten, zu wenig Informationen für eine fundierte Entscheidung, ob etwa bestimmte diagnostische Tests durchgeführt werden sollen, zur Verfügung gehabt zu haben.

Jeder vierte (23 %) sagte, er oder sie hätte alleine Entscheidungen getroffen, und bei neun Prozent entschieden die Ärzte ganz alleine. Ein Drittel gab an, dass die Meinungen verschiedener Ärzte auseinandergingen. Gaspar: "Aber drei Viertel wollen, dass die Entscheidung gemeinsam getroffen wird." Oft hätte aber für ein fundiertes Besprechen und Abwägen die Zeit gefehlt.

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