Stromboli: Warum der Vulkan weniger gefährlich ist als andere
Von Ute Brühl
Alle zwanzig Minuten ist das Schauspiel auf dem Stromboli zu bewundern: Es kommt zu kleinen Eruptionen, Lava und Gestein schießen rund hundert Meter in die Höhe und kullern den Berg hinunter.
Besonders am Abend und in der Nacht ist das ein wunderschönes Naturschauspiel, das jährlich Tausende Touristen anlockt. Jetzt kam es allerdings zur einer schweren Eruption, ein Mensch starb, andere wurden verletzt.
Wie ein Geysir
"Normalerweise ist der Stromboli ein ungefährlicher Vulkan, weil die Eruptionen klein sind", weiß Rainer Abart, Geowissenschafter an der Universität Wien. Er vergleicht den Stromboli mit Geysiren - nur strömt dort kein Wasser nach oben, sondern Lava.
"Sie müssen sich den Vulkan wie einen Kochtopf mit Wasser vorstellen, der von unten erhitzt wird, und die Flüssigkeiten nach oben hin verdampft. Der Vulkan spuckt Lava und Gestein. Beim jetzigen Ausbruch ist wohl sehr heißes Magma aus der Tiefe nach oben gelangt und hat dafür gesorgt, dass es zu einem stärkeren Ausbruch kam", vermutet Abart. "Aber was genau passiert ist, wissen wir im Moment noch nicht."
Inselkette
Der Stromboli ist Teil der Liparischen Inseln, die auch Äolische Inseln genannt werden. Sie liegen im Norden von Sizilien und sind allesamt vulkanischen Gesteins. Neben Lipari, Panarea, Salina, Alicudi und Filicudi ist Vulcano als unmittelbarer Nachbar von Stromboli Teil der Inselkette.
Übrigens: Vulcano hat allen feuerspeienden Bergen ihren Namen gegeben. In der griechischen Mythologie war in dem Berg die Schmiede von Hephaistos (lateinisch Vulcanus), dem Gott des Feuers und der Schmiede, beheimatet.
"Sollte der Vulcano einmal ausbrechen, dann wird es heftiger als beim Stromboli", weiß Geowissenschafter Abart. Das letzte Mal ist das zwischen 1880 und 1890 mehrmals passiert. Der Vulkanologe Giuseppe Mercalli prägte aufgrund seiner Beobachtungen dieser Ausbruchsserie den Begriff vulkanianische Eruption.
Wenn Vulkane im Abstand weniger Minuten, Stunden oder auch Tagen ausbrechen, nennt man das strombolianische Eruption.
Inneres Feuer: Nur die oberste Kruste der Erde ist fest. Schon ab 30 km Tiefe findet sich flüssiges Gestein (Magma). Dieses innere Feuer ist die Triebfeder der Kontinental-Bewegung und fast aller Vorgänge auf der Erdoberfläche. Ohne Erdwärme und vulkanische Gase wäre Leben erst gar nicht entstanden.
Äußeres Feuer: Etwa 350 aktive Vulkane gibt es,10 Prozent der Weltbevölkerung leben in Gebieten, die bei Ausbrüchen direkt von glühenden Lavamassen gefährdet sind. Die meisten Menschen sterben aber durch Aschen-Regen, giftige Gase, Flutwellen und Überschwemmungen. Die feine Asche stört das Klima, vernichtet Ackerland; Hungersnöte folgen. Mit der wachsenden Erdbevölkerung wird der Druck, auch vulkanisch aktive Gebiete zu bevölkern, immer größer. Quito, Ekuadors Hauptstadt mit 1,8 Mio. Menschen, liegt am Fuße des aktiven Pichinchas.
Bebendes Italien
Doch warum gibt es gerade im Süden Italiens so viele aktive Vulkane? Vereinfacht gesagt: "Im Mittelmeer wird die ionische Platte gen Nordwesten gedrückt und taucht ins Tyrrhenisches Meer ab", erläutert Abart. Die Tektonik, also die Verschiebung der Erdplatten, führt dazu, dass an den Bruchlinien Magma an die Oberfläche gelangt (Grafik unten). 90 Prozent aller Vulkane befinden sich weltweit an solchen Plattengrenzen.
Todbringender Vesuv
So richtig gefährlich wird es, wenn eines Tages der Vesuv wieder sehr aktiv wird - der Vulkan, der vor knapp 2000 Jahren (79 n.Chr.) die Städte Pompeji und Herculaneum unter einem Ascheregen begraben hatte. Das letzte Mal brach er 1944 aus, wobei immerhin 26 Menschen starben und mehr als 12.000 evakuiert wurden. "Die Eruptionen sind weitaus seltener, dafür aber umso gewaltiger", weiß der Experte.
Weil der römische Dichter Plinius der Jünger den Ausbruch beobachtet hatte und auch beschrieb, nennt man diese gewaltigen Eruptionen, bei der sehr lange Asche ausgestoßen wird, noch heute plianisch.
Vorhersage
Ob eine solche Katastrophe heute abzuwenden wäre? Die Wissenschaft arbeitet intensiv daran, einen kommenden Ausbruch vorherzusagen. Schon seit 1841 wird der Berg im Vesuv-Observatorium beobachtet - länger als jeder andere Vulkan der Welt.
Mit GPS-Instrumenten am Boden und Satelliten am Himmel messen die Mitarbeiter, ob sich die Oberfläche des Vesuvs hebt. Andere Sensoren erfassen austretende vulkanische Gase. Am wichtigsten sind die seismischen Messinstrumente, die jedes verräterische Zittern des Vulkans anzeigen.
Wo es auf der Welt brodelt
Ein kurzer Streifzug durch die größten Feuerstellen der Erde:
- Caulle-Kette: Der jüngste Ausbruch in der chilenischen Vulkankette Caulle (Puyehue, 2236 m) hat das Leben in Südamerika und Australien durcheinandergewirbelt – Hunderte Flüge mussten gestrichen werden, Zehntausende Passagiere saßen fest. Aktuell: Am Mittwoch wurde der Betrieb am Flughafen Perth eingestellt.
- Yellowstone: Der Yellowstone ist ein Supervulkan, der jederzeit ausbrechen, dabei einen Umkreis von mehr als 100 Kilometer verwüsten und den Himmel auf der ganzen Welt verdunkeln kann. Ständig werden kleinste Veränderungen registriert: Erdbeben, Bodenhebungen, Entgasungen oder Temperaturerhöhungen. „Im Untergrund des Yellowstone befindet sich eine Kilometer große pulsierende Magmakammer.“ Der Vulkan sei – mehr als 600.000 Jahre nach dem letzten Ausbruch– „überfällig“.
- Hekla: Der isländische Vulkan, der in früheren Zeiten als Tor zur Hölle galt, brach zuletzt im Jahr 2000 aus. Seit damals zeigen die Messungen mit Satelliten eine Hebung des Feuerbergs um fünf Millimeter pro Jahr. Grund ist eine Aufwärtsbewegung des Magmas. Flüssiges Magma drückt die darüberliegenden Gesteinsschichten des Vulkans nach oben. In den letzten Jahren hob sich der Vulkan häufiger – ein Hinweis auf Aktivität.
- Nabro: Ostafrika spaltet sich entlang der Linie Äthiopien-Mosambik vom Kontinent ab. Der erste Riss entstand vor Jahrmillionen, ihn füllten das Rote Meer und der Golf von Aden. Angetrieben von Vulkanausbrüchen wie jenem des Nabro vom vergangenen Sonntag, vertieft sich der Riss zusehends. Seit sechs Jahren dehnt sich der Boden um mehrere Meter pro Jahr aus. Der Vorstoß des Meeres kann schnell passieren, im Norden blockieren nur 25 Meter flache Hügel die Fluten.
- Vesuv: Die Forscher vom Osservatorio Vesuviano fordern umfangreichere Evakuierungspläne für Neapel. Ihre Begründung: Seismische Messungen weisen eine ungewöhnliche Schicht in acht bis zehn Kilometern Tiefe nach, ein aktives Magmareservoir. Die Behörden blocken ab, eine komplette Evakuierung sei unmöglich – und Rot bleibt Modefarbe in Neapel.