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Kopfschmerz wird oft falsch behandelt

"Es gibt nur wenige Krankheiten, die den Alltag so stark beeinflussen wie Migräne. Trotzdem bekommen viele Patienten keine ausreichende Therapie." Univ.-Prof. Christian Wöber, Leiter der Kopfschmerzambulanz am AKH Wien, hat mit seinem Team die Häufigkeit der Verordnung von Triptanen – spezifische Mittel für die Akuttherapie – untersucht.

Das realistische Ziel einer Therapie

Triptane seien kein Wundermittel und würden auch nicht jedem helfen: "Aber viele quälen sich beim Auftreten von Attacken mit herkömmlichen Schmerzmitteln – ohne großen Erfolg." Ziel einer Migräne-Therapie sei es aber, das Abklingen von Attacken innerhalb von zwei Stunden zu erreichen – und die Attackenhäufigkeit zumindest zu halbieren.

Eine Hürde sei, dass die Erstverschreibung von Triptanen nur von Neurologen vorgenommen werden dürfe.

"Nur 0,6 Prozent der Erwachsenen nehmen sie innerhalb eines Jahres, aber zehn Prozent der Bevölkerung sind von Migräne betroffen. Das heißt, nur sechs Prozent der potenziell Betroffenen erhalten diese Therapie." Diese Daten veröffentlichte die Österreichische Gesellschaft für Neurologie anlässlich des Europäischen Kopfschmerz- und Migränetages heute, Dienstag.

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Wöber betont, dass es viele nicht-medikamentöse Möglichkeiten zur Vorbeugung gibt: Ausreichende Flüssigkeitszufuhr, regelmäßige Essens- und Schlafenszeiten, Entspannungstechniken: "Aber in der Akuttherapie von Attacken ist bei Erwachsenen meistens der Einsatz von Medikamenten notwendig." Wobei auch sechs Prozent der Patienten die Triptane zu häufig einsetzen. Ganz egal, welches Schmerzmittel: Wird es öfter als neun Tage pro Monat – oder zwei Tage pro Woche – eingenommen, besteht die Gefahr eines durch Medikamente ausgelösten Kopfschmerzes. Auch mit guter Therapie könne man Migräne "nicht wegbehandeln. Aber es ist ein Unterschied , ob eine Attacke zwei Stunden dauert oder den ganzen Tag und ob ich ein bis zwei Attacken im Monat habe oder eine pro Woche."

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Bei Kindern hingegen reicht es bei einer Attacke häufig, wenn sie sich für einige Stunden hinlegen. Problematisch sei, dass laut ersten Daten einer internationalen Studie, die von der Kinder-Kopfschmerzspezialistin Univ.-Prof. Çiçek Wöber-Bingöl initiiert wurde, bereits 74 Prozent der Schüler im vergangenen Jahr an Kopfschmerzen litten – Tendenz steigend. Bei 37 Prozent traten sie mindestens einmal in der Woche auf, neun Prozent hatten starke Kopfschmerzen. "45 Prozent nahmen mindestens einmal im Monat ein schmerzstillendes Medikament ein. Mehr als 80 Prozent gaben an, dass sie mit ihren Kopfschmerzen nicht gut umgehen können."

Stress als Auslöser

Stress in der Schule ist eine häufige Kopfschmerzursache. "Möglicherweise ist ein Anstieg der Belastung eine Ursache für die größere Häufigkeit von Kinderkopfschmerz", so die Neurologen. "Kinder benötigen Strategien gegen die Anspannung und gegen die Angst vor der nächsten Attacke – Biofeedback etwa ist eine solche."

Mehr zu dem Thema, was Eltern tun können, wenn ihre Kinder unter starken Kopfschmerzen leiden, lesen Sie bitte hier.

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