Humane Papillomviren: "In Österreich lassen sich noch immer zu wenige impfen"
Mit Humanen Papillomviren, kurz HPV, kann man sich schon beim ersten Sex anstecken. Bei rund 85 Prozent aller sexuell aktiven Menschen ist im Laufe des Lebens zumindest einmal eine HPV-Infektion nachweisbar. Sie kann harmlos verlaufen und von selbst wieder abklingen, sie kann aber auch Jahre nach der Ansteckung Krebs auslösen.
Weltweit geht jedes 20. Karzinom auf HP-Viren zurück. Insgesamt stuft die Weltgesundheitsorganisation (WHO) zwölf der mehr als 200 bislang bekannten HPV-Typen als krebserregend ein. Gebärmutterhalskrebs und dessen Vorstufen sind die am häufigsten hervorgerufenen Erkrankungen: Laut WHO sind allein in Europa 2018 rund 30.000 Frauen an einem Zervixkarzinom gestorben.
Das Problem betrifft keinesfalls nur Frauen: HP-Viren können neben Gebärmutter, Vulva und Scheide auch Penis und After sowie Schleimhäute im Mund, Rachen und Kehlkopf infizieren – und dort die Bildung von Krebs begünstigen.
Wirksamer Schutz
Im Gegensatz zu den meisten anderen Krebserkrankungen sind die durch HPV ausgelösten Arten durch eine Impfung vermeidbar. "Die HPV-Impfung ist eigentlich eine echte Erfolgsstory", schildert Elmar Joura, HPV-Experte von der MedUni Wien. "Allerdings lassen sich in vielen Ländern, darunter Österreich, noch immer viel zu wenige impfen lassen." Bereits Anfang der 1980er belegte der deutsche Mediziner Harald zur Hausen den Zusammenhang zwischen bestimmten HP-Viren und Gebärmutterhalskrebs. "Damit wurde die Rutsche für den Impfstoff gelegt. Heute wissen wir, dass er Krebs verhindern kann", sagt Joura.
Die beste Wirkung zeige die Impfung, "wenn sie bei Mädchen und Buben möglichst früh beziehungsweise vor dem ersten Geschlechtsverkehr verabreicht wird". Auch nach dem ersten Sexualkontakt sei eine Impfung "jedenfalls sinnvoll".
Österreich war eines der ersten Länder, das sich für die Impfung von Buben und Mädchen ausgesprochen hat. Seit 2014 ist die HPV-Impfung in Österreich Teil des Schulimpfprogramms, für Mädchen und Burschen zwischen dem neunten und zwölften Lebensjahr damit kostenlos. Nach dem zwölften Lebensjahr kostet eine vollständige Immunisierung derzeit etwas über 600 Euro. Genaue Zahlen zur Durchimpfungsrate gibt es nicht. "Wir gehen davon aus, dass noch immer weit unter 50 Prozent der Bevölkerung eine Immunisierung erhalten haben", sagt Christian Schauer, Präsident der Arbeitsgemeinschaft Gynäkologische Onkologie (AGO). "Das ist viel zu wenig."
Laut Studien komme es erst ab einer Rate von über 80 Prozent zu einem deutlichen Rückgang der mit HPV in Zusammenhang stehenden Krebsarten. "Vorreiter sind hier aktuell Länder wie Großbritannien, Spanien sowie der gesamte skandinavische Raum", sagt Schauer.
Hartnäckige Mythen
In Österreich wurde der ambitionierte Start der Impfung durch das Aufkommen angeblicher Impfschäden durch die HPV-Impfung getrübt. Konkret geht es um das Complex Regional Pain Syndrome (CRPS) und das posturale Tachykardiesyndrom (POTS), die vor einigen Jahren in zeitlichem Zusammenhang mit der HPV-Impfung auftraten. "Die WHO hat diese Mythen mehrfach in großangelegten Studien wiederlegt. Die Sicherheit der Impfung wurde eindeutig bewiesen, leider halten sich solche Fehlinformationen hartnäckig, wenn sie nicht zeitgerecht aufgeklärt werden", betont Hans Jürgen Dornbusch, Impfreferatsleiter der Österreichischen Gesellschaft für Kinder- und Jugendheilkunde.
Anlässlich des Welt-HPV-Tages am 4. März richten heimische Experten einen Appell an die Politik. AGO-Präsident Schauer: "Neben verstärkter Aufklärungsarbeit in Schulen und der Ausweitung der kostenfreien Impfung auf bis zu 18-Jährige sollten Schul- und Kinderärzte fix als Durchführer der Impfung etabliert oder die HPV-Impfung im Mutter-Kind-Pass verankert werden."