Warum die Beziehung zwischen Mensch und Hund eine ganz besondere ist
Von Ernst Mauritz
Für die Kabarettistin und Moderatorin Antonia Stabinger ist es eine faszinierende Beobachtung: "Wenn ich mit meinem Hund aus der Wohnung gehe um jemanden zu treffen, mache ich nichts anders, als wenn ich mit dem Hund einfach nur so eine Runde gehe", erzählt sie in der neuesten Ausgabe des Wissenschaftstalks "Spontan gefragt" auf KURIER.TV. Die Sendung entsteht in Kooperation mit dem Wiener Wissenschafts-, Forschungs- und Technologiefonds WWTF. "Aber der Hund weiß, dass ich jemanden treffe, weil er Ausschau hält. Das heißt, irgendetwas an meiner Körperspannung, an meiner Haltung, muss er lesen können. Aber was?"
Eine Antwort hat Ludwig Huber, Professor für die naturwissenschaftlichen Grundlagen der Tierethik und der Mensch-Tier-Beziehung, Leiter der Abteilung für vergleichende Kognitionsforschung und derzeit auch Leiter des Messerli Forschungsinstituts an der Vetmeduni Wien: "Irgendwelche Signale oder Zeichen hat der Hund gelernt. Das nennt man latentes Lernen – er wird darauf nicht trainiert, daher weißt du es auch nicht. Aber er ist so sensibel und er hat das schon so oft erlebt, dass er sich das merkt. Es kann eine Bewegung sein, es kann die Körperspannung sein, es kann vieles sein. Es sind viele Dinge möglich, auf die wir gar nicht kommen, weil wir gar nicht darauf achten."
Huber erforscht im "Clever Dog Lab" an der Vetmeduni das Verhalten und die Fähigkeiten von Hunden – unter anderem in vom WWTF geförderten Projekten. So konnten Huber und sein Team anhand eines Verhaltenstests erstmals zeigen, dass Hunde in gewisser Weise in der Lage sind, die Gedanken von Menschen zu "erraten".
In einer weiteren Studie konnte man nachweisen, dass Hunde menschliches Verhalten "selektiv nachahmen" können: "Sie ahmen nur das nach, was sinnvoll ist, und nicht das, was nicht sinnvoll ist."
"Ich bin jedes Mal wieder von meinem Hund fasziniert", erzählt der Genetiker Markus Hengstschläger, Moderator des Wissenschaftstalks. "Er trickst mich aus, kann alle möglichen Dinge." Aber woher kommen diese Fähigkeiten, fragt Hengstschläger: "Hat sie der Hund in der Evolution gelernt, weil sie ihm einen Überlebensvorteil gebracht haben?" Die Interaktion zwischen Mensch und Hund sei jedenfalls etwas ganz Besonderes.
Das bestätigt auch Huber. Er berichtet von Untersuchungen mit von Hand aufgezogenen Wölfen am "Wolf Science Center" der Vetmeduni Wien. "Sie reagieren zum Beispiel auf Handzeichen und andere Dinge nicht so wie Hunde, sind viel selbstständiger."
Hunde hingegen – "und das ist sozusagen die große Überschrift – wollen uns gefallen. Sie wollen mit uns Frieden haben, sie wollen bei uns leben und da soll es ihnen gut gehen. Und sie wissen ganz genau, was sie dafür tun müssen", sagt Huber.
Wenn Kabarettistin Stabinger ohne Hund spazieren geht, "fühle ich mich so, als würde mir ein Bein fehlen, also irgendetwas fehlt da". Für sie ist die Anwesenheit eines Hundes sehr entspannend. Ihr jetziger Hund sei auch der erste, der hauptsächlich kooperieren wolle – im Gegensatz zu ihren früheren Hunden: "Es ist der erste Hund, den ich vor einem weglaufenden Reh zurückrufen kann." Und sie stellt die Frage: "Gibt es nicht große Unterschiede zwischen den Rassen, etwa bei der Intelligenz?"
"Wir wissen es nicht", antwortet Huber. "Wir bräuchten dafür ein wirklich großes Sample (eine Stichprobe, Anm.), um Aussagen statistisch absichern zu können – aber das haben wir nicht."
Zwar haben seit 2007 fast 2.000 Hunde im "Clever Dog Lab" an Studien teilgenommen – "aber es waren nie sehr viele Hund einer Rasse". Und für das Abschneiden in einem Test spiele nicht nur eine Rolle, wie klug ein Hund ist, "sondern auch wie aufmerksam, wie abgelenkt, wie motiviert durch eine Futtergabe."
Aber ein Unterschied habe sich in einer Studie doch herauskristallisiert: "Terrier waren genauso schlau wie vier- bis fünfjährige Kinder und haben sich von allen anderen Hunderassen abgesetzt."
Dies könnte damit zusammenhängen, dass diese Hunde sehr unabhängig sind. Sie waren ursprünglich Jagdhunde und wurden dazu gezüchtet, bei der Jagd die Beute in ihren unterirdischen Bauten (z. B. Füchse) zu finden.