Wissen/Gesundheit

Schwangerschaft und Corona: Wie hoch das Risiko tatsächlich ist

Zuerst die gute Nachricht: Auch bei schwangeren Frauen verläuft der Großteil der SARS-CoV-2-Infektionen ohne Probleme. "70 bis 89 Prozent haben asymptomatische bis milde Verläufe", sagte die Gynäkologin Petra Pateisky vom Wiener AKH / MedUni Mittwoch bei einer virtuellen Pressekonferenz des Österreichischen Verbandes der Impfstoffhersteller (ÖVIH). Daten aus großen Entbindungskliniken (New York City, London)  vom Anfang der Pandemie zeigten, dass rund sieben bis 15 Prozent der Schwangeren SARS-CoV-2-positiv getestet wurden.

"Jedoch wissen wir mittlerweile, dass ein schwerer Erkrankungsverlauf mit auch stationärer sowie intensivmedizinischer  Betreuung etwas häufiger bei Schwangeren auftritt als bei Frauen im gebärfähigen Alter, die nicht schwanger sind." Bei 13 bis 15 Prozent der erkrankten Schwangeren kam es zu schweren Erkrankungsverläufen mit Lungenentzündung mit der Notwendigkeit einer stationären Betreuung, dieser Wert ist im Vergleich zu Nicht-Schwangeren um etwa das Zweifache erhöht - ähnlich wie auch bei der Influenza.

Nach Daten aus Deutschland benötigten von den stationär aufgenommen Schwangeren zwischen 3,6 und 5,7 Prozent eine intensivmedizinische Behandlung, wenn sie eine Covid-19-Erkrankung hatten. In Wien sind es nach einer ersten vorläufigen Auswertung der Klinik Ottakring  7,1 Prozent der stationären Schwangeren, "bei denen sie zumindest kurzfristig eine intensivmedizinische Betreuung durchführen mussten".

Mehr Frühgeburten

Erhöht ist auch die Frühgeburtenrate bei Patientinnen mit Covid-Erkrankung. Mit 17 Prozent ist sie rund drei Mal so hoch im Vergleich zur Frühgeburtenraten bei Schwangeren ohne Covid-19-Infektion.

Etwas erhöht ist mit 35 bis 40 Prozent auch die Häufigkeit von Kaiserschnitten, und davon werden zirka 20 Prozent in Allgemeinnarkose durchgeführt, weil eben "der Schweregrad der Erkrankung oder die Dringlichkeit  keine andere Narkoseform zulässt". Prinzipiell werde aber eine vaginale Geburt empfohlen, insferne dies möglich ist und die Stabilität der Schwangeren das zulasse.

"Das ist eine Geburt, die anders stattfindet als man sich das vorstellt", berichtet Pateisky. "Das ist ein eigener spezieller Infektionskreißsaal und auch das ganze Personal, das die Schwangere betreut, muss sich in voller Schutzausrüstung in diesem Raum befinden."

Hinweise gebe es auch auf eine schlechtere Versorgung der Plazenta,  was dann wiederum zu einer möglicherweise erhöhten Frequenz von Bluthochdruck  in der Schwangerschaft (Präklampsie) führt. Auch für eine etwas höhere Frequenz von "fetaler Wachstumsrestriktion" aufgrund einer schlechteren Versorgung des Ungeborenen gibt es Hinweise.

Wichtig ist, dass Schwangere, die an Covid-19 erkranken, eine Thromboseprophylaxe erhalten, betonte Pateisky.

"Impfung sollte Schwangeren zugänglich sein"

Risikofaktoren für einen schwereren Verlauf sind z.B ein chronischer Bluthochdruck, Diabetes oder auch ein höherer Body-Mass-Index. "Alle derzeit zugelassenen Impfstoffe sind nicht für Schwangere zugelassen", sagte Pateisky. "Deswegen ist das allerwichtigste,  dass man in erster Linie eine Schwangere berät, dass die Einhaltung der allgemeinen Schutz- und Abstandsregeln wichtig ist".

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Gleichzeitig sei es aber auch so, dass sich die Österreichische Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe aufgrund aller internationaler ExpertInnenkommissionen der Meinung angeschlossen hat, "dass die Impfung für Schwangere zugänglich sein sollte.  Es ist ganz wichtig, eine individuelle Nutzen-Risiko-Aufklärung mit der Schwangeren durchzuführen, dass es sich bei Schwangeren um eine Verwendung außerhalb der Zulassung handelt".

Allerdings gebe es bereits erste Daten, dass "insbesondere mit den mRNA-Impfstoffen 30.000 Schwangere schon geimpft wurden und hier gab es bis dato keine besonderen Sicherheitsbedenken, die gemeldet wurden".

Auch in der Astra-Zeneca-Zulassungsstudie habe es ungeplante Schwangerschaften gegeben, wo bis dato keine negativen Auswirkungen aufgetreten sind.

Im Gegenteil: In einer kleinen Studie mit 83 Geimpften Schwangeren wurden nicht nur keine Sicherheitsbedenken festgestellt: "Die Frauen reagierten sehr gut, was die Bildung von Antikörper betrifft und es gab auch Antikörper in der Nabelschnur und in der Muttermilch, es ist also vom Schutz des Kindes auszugehen."

Auch gebe es keinerlei Anhaltspunkte irgendeiner negativen Auswirkung auf das Ungeborene oder die Schwangere, wenn man nach einer Impfung schwanger wird.

Wichtig sei aber auch, "nicht zu vergessen, dass es auch andere Infektionskrankheiten gibt, die für eine Schwangerschaft bzw.  für das Ungeborene ein besonderes Risiko darstellen und dahingehend auch diese anderen Impfungen wahrgenommen werden sollten."

Impfempfehlung vor Kinderwunsch

Frauen mit Kinderwunsch, die dazu die Möglichkeit haben, sollten sich impfen lassen, empfiehlt die Gynäkologin Miriam Mottl vom Kepler Universitätsklinikum Linz. "Empfohlen wird aus medizinischer Sicht, vier Wochen zu warten, bis es zur Empfängnis kommt. Allerdings muss man sich keine Sorgen machen, wenn es früher passiert. Studien haben bisher nichts Auffälliges bei den Kindern gezeigt."

Auf andere Impfungen und Vorsorge nicht vergessen

"Vorsorgeuntersuchungen und Impfungen abseits von Corona stehen derzeit viel zu wenig im Fokus", betonte Juliane Bogner-Strauß, steirische Landesrätin für Bildung, Gesellschaft, Gesundheit und Pflege. Hier müsse entgegengewirkt werden. Unter anderem müsse mehr Augenmerk auf die FSME- und die HPV-Impfung gelegt werden. "Die HPV-Impfung wrd zu wenig angenommen in Österreich." Für Mädchen und Buben im Alter von 9 bis 12 Jahren ist sie kostenlos, gleichzeitig gibt es derzeit ein Nachziehprogramm bis zum vollendeten 16. Lebensjahr. "Diese Impfung ist nicht nur für Mädchen, sondern auch für Buben wichtig." Auch das Früherkennungsprogram für Brustkrebs (Mammografie-Screening) könnte noch besser angenommen werden.

Einen speziellen Frauenimpfplan gibt es unter www.esidog.at