Urinprobe daheim: Schnelltest verspricht rasche Harnwegsinfekt-Diagnose
Von Ulrike Krestel
Auch wenn Bakterien draufsteht, sind nicht immer Bakterien drinnen. Zumindest trifft das auf die so genannten Bakteriophagen zu, die ihren Namen vom griechischen Begriff „Bakterienfresser“ ableiten. Im medizinischen Sprachgebrauch einfach als Phagen bezeichnet, handelt es sich dabei um Viren, die sich darauf spezialisiert haben, Bakterien zu infizieren. Für den menschlichen Organismus harmlos, gelten sie seit einigen Jahren als Hoffnungsträger im Kampf gegen Antibiotikaresistenzen. In jüngster Zeit finden sie auch Anwendung bei der Identifizierung von Krankheitserregern in Flüssigkeiten.
So hat ein Forschungsteam der McMaster University in Ontario eine Methode entwickelt, mit der sich selbst geringe Konzentrationen von Bakterien in Flüssigkeitsproben wie Urin, Milch oder auch Seewasser nachweisen lassen. Eine Innovation, die die Auswertung von Urinproben, vor allem bei Harnwegsinfekten sowohl in Anwendung als auch für eine rasche Diagnose deutlich erleichtern könnte.
Schneller als im Labor
Getestet wird mit Hilfe eines Gels, in das harmlose Bakteriophagen eingebettet werden. Bei der Testung suchen und greifen die Phagen jene Bakterien an, die in den Proben vorhanden sind. Sind Bakterien nachzuweisen, setzen diese kleine Mengen an intrazellulärem Material frei, das die Phagen erkennen, wodurch wiederum eine sichtbare Farbveränderung freigesetzt wird. Ist die Probe sauber, bleibt die Farbe unverändert.
Das Verfahren dauert nur wenige Stunden und führt deutlich schneller zu Ergebnissen als Laborkulturen, bei denen es bis zur Diagnose einige Tage dauern kann. Darüber hinaus könne der Test auch leicht von zu Hause aus anwendbar sein, so Tohid Didar, Hauptautor der Studie: „Heute müssen Menschen, die den Verdacht haben, eine Harnwegsinfektion zu haben, einen Arzt aufsuchen und manchmal tagelang auf ein Ergebnis warten. Unsere Technologie würde es den Menschen sehr leicht machen, sich selbst zu Hause zu testen und innerhalb weniger Stunden ein Ergebnis zu erhalten.“
Einsatz bei Lebensmittel und Umwelt
Neben ihrer Relevanz für klinische Proben bietet die Methode weiters vielversprechende Anwendungsmöglichkeiten, etwa beim Nachweis von E. coli-Bakterien in Seewasserproben oder der Identifikation von Listerien in Pflanzenmilch. Ein wesentlicher Vorteil dieser Technologie liegt darin, dazu beizutragen, Ausbrüche schneller einzudämmen. Zudem könnte sie in Haushalten eine schnelle und zuverlässige Auskunft darüber geben, ob Lebensmittel noch verzehrfähig sind. Jetzt hoffen die Forschenden auf die entsprechenden Genehmigungen und Partnerschaften, um den Test auf den Markt zu bringen.
Alternative zu Antibiotika
Welche Rolle Bakteriophagen im Einsatz von resistenten Keimen spielen, konnte bereits im Frühjahr 2024 an der MedUni Wien bewiesen werden. Ein lungentransplantierter Patient litt jahrelang unter einer chronischen Kolonisation eines Keimes, der gegen alle bisherigen Antibiotika resistent war und sich hartnäckig im Körper hielt.
Die Lungenfunktion verschlechterte sich zunehmend. Einzig eine inhalative Behandlung mit Bakteriophagen, die den Keim spezifisch angriffen verbesserte den Zustand des Patienten und folglich seine Lebensqualität deutlich.