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Schlaganfall: Wie mehr Patienten gerettet werden können

„Die Neuigkeiten bei der Akutversorgung des Schlaganfalls kommen im Halbjahrestakt.“ Und es sind gute Neuigkeiten, die Prim. Univ.-Doz. Elisabeth Fertl, Präsidentin der Österreichischen Gesellschaft für Neurologie, hier anspricht: Denn bei den Therapien – und den dafür möglichen Zeiträumen – gibt es kontinuierlich Weiterentwicklungen.

Seit 2002 können bei Schlaganfällen mit einem Gefäßverschluss (ca. 20.000 von 25.000) die Blutgerinnsel in vielen Fällen mit Medikamenten aufgelöst werden. Betrug das Zeitfenster dafür anfangs nur drei Stunden, wird diese Therapie mittlerweile bis zu viereinhalb Stunden nach Auftreten der Symptome eingesetzt.

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2015 kam dann eine neue Technik dazu: Die mechanische Gerinnselentfernung bei großen Blutpfropfen, die sich nicht auflösen lassen. „Da hatten wir bis jetzt ein Zeitfenster von sechs, höchstens acht Stunden“, so Fertl. „Aber jetzt zeigen zwei internationale Studien, dass man dieses Zeitfenster in Einzelfällen bis zu 24 Stunden ausdehnen kann.“

Vorerst ist das aber nur unter optimalen Studienbedingungen gelungen. „Denn um zu erkennen, ob ein Patient dafür in Frage kommt, ist eine hochtechnisierte, hochdifferenzierte Bildgebung notwendig, die in dieser Form im Akutbereich derzeit aber noch nirgendwo wirklich realisiert ist.“

Bessere Darstellung

Mit einem sogenannten „multimodalen CT“ oder einem „multimodalen MR“ kann man auch jenes Gewebe im Gehirn gut erkennen, das zwar schlecht durchblutet, aber noch nicht abgestorben ist. „Der technische Fortschritt liegt darin, genau sehen zu können, wie viel Gewebe man noch retten kann.“ Und davon hängt es dann ab, ob auch nach acht Stunden noch eine mechanische Gerinnselentfernung durchgeführt wird. „Erst diese Form der Bildgebung ermöglicht es, die richtigen Patienten auszuwählen.“

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In den USA haben die neuen Erkenntnisse bereits dazu geführt, dass das Zeitfenster ganz offiziell in den Behandlungsrichtlinien der US-Schlanganfallgesellschaft auf 24 Stunden ausgedehnt wurde. In Europa ist das zwar noch nicht der Fall, „aber es ist absehbar, dass es auch hier in diese Richtung gehen wird“. Zuvor sei es aber wichtig, im Bereich der Bildgebung und der Übermittlung von bildgebenden Befunden „ordentlich aufzurüsten“. So gebe es noch technische Hürden, Bilder zwischen Bundesländern oder Krankenhausträgern auszutauschen. Doch Fertl ist optimistisch: „Die neuen Erkenntnisse werden die Zahl der Schlaganfallpatienten, die wir retten und denen wir ein Leben mit Behinderungen ersparen können, deutlich erhöhen.“

Warnung vor Wissenslücken

„Unlängst hat mich ein Patient darauf angesprochen, und nur verwundert gemeint, ,so etwas gibt es wirklich? Das ist  doch gefährlich‘“. Was der Patient von Neurologin Elisabeth Fertl gemeint hat: Dass 2015 die Neurologie in der Ausbildung zum Allgemeinmediziner als Pflichtfach abgeschafft wurde. Seither kann das Fach Neurologie von angehenden „praktischen Ärzten“ nur mehr als Wahlfach gewählt werden. Neurologen-Präsidentin Fertl: „Wird das nicht geändert, bedeutet das: Es werden in Österreich zukünftig Allgemeinmediziner praktizieren, die nie auf einer neurologischen Abteilung gewesen sind und von Schlaganfall, Epilepsie, Demenz, Parkinson oder Multipler Sklerose nie etwas gesehen oder gehört haben – abgesehen von dem, was sie während des Studiums gelernt haben.“

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Das sei eine deutliche Verschlechterung zur früheren Ausbildungsordnung: „Und das  führt zu einem dramatischen Verfall an Erfahrung – es besteht die Gefahr, dass häufige Erkrankungen vom Allgemeinmediziner nicht mehr erkannt und auch nicht nachbetreut werden können. Wenn wir im Krankenhaus eine chronische neurologische Erkrankung diagnostizieren, muss ja später der Hausarzt wissen, was zu tun ist.“ Frage man heute tätige praktische Ärzte, in welchen Fachbereichen eine gute Ausbildung für sie besonders wichtig sei, kämen drei Antworten: „Innere Medizin, Orthopädie und Neurologie“, so Fertl: „Hier aber drohen gefährliche Wissenslücken.“