Therapieoption: Epilepsie-Arznei könnte auch bei Schlafapnoe wirksam sein
Wacht man morgens gerädert statt regeneriert auf, können nächtliche Atemaussetzer dahinterstecken. Wenn die Atmung während des Schlafs wiederholt kurzzeitig aussetzt, spricht man von der sogenannten Schlafapnoe.
Bei der häufigsten Form, der obstruktiven Schlafapnoe, erschlaffen Muskulatur und Weichteile der oberen Atemwege, was die Atmung blockiert, zu Schnarchen und kurzzeitigem Aufwachen führt.
Unerholsame Nächte und schwerwiegende Folgen
Die Erkrankung raubt Betroffenen nicht nur den Schlaf, sie kann auch ernste Gesundheitsprobleme nach sich ziehen. Etwa erhöhten Blutdruck, Typ-2-Diabetes oder ein erhöhtes Risiko für Herzinfarkte und Schlaganfall. Fachleuten zufolge sind bis zu vier Prozent der Bevölkerung betroffen.
Die Standard-Therapie bei Schlafapnoe umfasst das Tragen spezieller Atemmasken, die Luft entgegenblasen und ein Zusammensacken der Rachenmuskulatur verhindern. Sie werden allerdings oft als unangenehm empfunden und nicht gerne getragen.
Epilepsie-Arzneistoff erwies sich als wirksam
Eine Alternative könnte der Wirkstoff Sulthiam sein. Er erwies sich in einer neuen Studie der schwedischen Universität Göteborg als potentes Mittel gegen Atemaussetzer. Die Untersuchung wurde dieser Tage beim Kongress der European Respiratory Society in Wien präsentiert. Sultiam wird in der Behandlung von bestimmten Epilepsieformen eingesetzt.
Man untersuchte fast 300 Patientinnen und Patienten mit obstruktiver Schlafapnoe in Belgien, Tschechien, Frankreich, Deutschland und Spanien. Die Betroffenen lehnten eine Therapie mittels Atemmaske ab. Sie wurden in vier Gruppen aufgeteilt und erhielten Sulthiam in unterschiedlichen Dosierungen oder ein Placebo.
Gemessen wurden Atmung, Sauerstoffgehalt, Herzrhythmus, Augenbewegungen sowie die Gehirn- und Muskelaktivität im Schlaf – und zwar zu Beginn der Studie, nach vier Wochen und nach zwölf Wochen.
Nach zwölf Wochen reduzierten sich die Atemaussetzer bei Personen, die Sulthiam einnahmen, um bis zu 50 Prozent. Auch der Sauerstoffgehalt im Blut war während des Schlafs höher. Die Effekte zeigten sich bei den höchsten Dosen am deutlichsten.
Auftretende Nebenwirkungen, beispielsweise Kribbeln, Kopfschmerzen, Müdigkeit oder Übelkeit, waren im Allgemeinen leicht oder mittelschwer.
Weitere Forschungen nötig
Die Studienautorinnen und -autoren sehen in Sulthiam Potenzial und wollen die Ergebnisse nun in größeren Studien prüfen. Auch, um etwaige Nebenwirkungen bei langfristiger Einnahme auszuschließen und Patientengruppen zu identifizieren, die für die Therapie besonders geeignet sein könnten.
Sophia Schiza, Leiterin der Fachgruppe für schlafbezogene Atmungsstörungen der European Respiratory Society und nicht an den Forschungen beteiligt, hält die Erkenntnisse für wertvoll: "Da die obstruktive Schlafapnoe das Risiko ernsthafter Gesundheitsprobleme (…) erhöht, ist es von entscheidender Bedeutung, dass wir die Erkrankung diagnostizieren und behandeln. Es gibt zwar Behandlungen, aber da sie nicht bei allen Menschen wirken, brauchen wir mehr Möglichkeiten (…), die auf individuellen Diagnose- und Behandlungsansätzen beruhen", betont sie im Rahmen des laufenden Kongresses.
Sriram Iyer, Facharzt für Atemwegserkrankungen und Präsident der Sektion Schlafmedizin der britischen Royal Society of Medicine, zeigt sich gegenüber dem Guardian ebenfalls positiv: "Diese wichtige Studie zeigt, dass eine medikamentöse Behandlung der Schlafapnoe nicht in weiter Ferne liegt."
Man dürfe jedoch nicht vergessen, dass "Schlafapnoe in den meisten Fällen mit Fettleibigkeit zusammenhängt und dies vorrangig angegangen werden sollte".