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RSV: Ab sofort Impfstoffe in Österreich verfügbar

Anfangs sind die Symptome kaum von einer Erkältung zu unterscheiden: Husten, Schnupfen, Halsschmerzen. Das RS-Virus (kurz für Respiratorisches Synzytial-Virus) betrifft meist die oberen Atemwege – greift es von dort aber auf die unteren Atemwege über, vor allem auf die kleinsten Verästelungen der Bronchien, kann es zu einem schweren Verlauf kommen, bei dem die Atmung deutlich erschwert wird und teils Sauerstoffgaben bis hin zur maschinellen Beatmung notwendig werden.
 

Betroffen sind überwiegend Säuglinge, insbesondere Frühchen, und Menschen ab 60 Jahren. "Konkret ist in Österreich von 54.600 infizierten Kindern (je Saison, Anm.), 11.000 bis 22.000 Infektionen der unteren Atemwege und 1.100 mit obstruktiver Bronchitis hospitalisierten Kindern auszugehen", sagte Virologin Monika Redlberger-Fritz von der MedUni Wien bei einer Pressekonferenz des Österreichischen Verbands der Impfstoffhersteller (ÖVIH) am Mittwoch.

RSV-Infektionen sind der häufigste Grund für Krankenhauseinweisungen bei Säuglingen und Kleinkindern. Etwa acht von zehn Babys erkranken innerhalb des ersten Lebensjahres an RSV. Bis zum zweiten Geburtstag haben 97 Prozent aller Kinder eine RSV-Infektion durchgemacht.

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Im Schnitt 12 Tage im Spital

Weniger gute Daten gibt es für ältere Erwachsene ab 60 Jahren. Bekannt ist aber, dass etwa 15 von 100.000 Infektionen schwer verlaufen. "Auch Erwachsene mit einem schweren Verlauf müssen im Spital aufgenommen und dort im Schnitt 12 Tage lang behandelt werden", betonte Arschang Valipour, Leiter der Abteilung für Innere Medizin und Pneumologie an der Klinik Floridsdorf.

Der Anteil der RSV-Patienten im Krankenhaus sei um 40 bis 60 Prozent höher als bei Influenza. Besonders gefährdet sind Personen mit Lungenerkrankungen wie COPD (Chronisch Obstruktive Lungenerkrankung) und Asthma. "Bei Menschen mit bestehenden Lungen- oder Herzkreislauf-Erkrankungen kann es durch eine RSV-Infektion zu einer Verschlechterung der Grunderkrankung kommen", sagte Valipour. In der Folge kann es zudem zu Langzeitfolgen kommen. RSV-Erkrankte haben Wochen bis Monate später ein erhöhtes Risiko für eine neuerliche Lungenentzündung, Herz-für Kreislauf-Probleme bis hin zum Herzinfarkt oder zum Schlaganfall.

 

Erstmals Impfstoff für Personen ab 60 Jahre

Für diese Saison – für RSV werden erste Fälle typischerweise im November erwartet – steht erstmals ein Impfstoff für die Altersgruppe ab 60 Jahren zur Verfügung. Das Nationale Impfgremium (NIG) hat diesen vor Kurzem in seine Empfehlungen aufgenommen und rät auch Personen mit schweren Grunderkrankungen ab 18 Jahren zur Impfung. Zugelassen ist der Impfstoff ab 60 Jahren, für andere Altersgruppen wäre es somit eine Off-Label-Impfung. Die Impfung sollte vor Beginn der RSV-Saison, idealerweise ab September, Oktober erfolgen. Erste Daten würden zeigen, dass der Impfschutz auch eine zweite Saison anhält, so Redlberger-Fritz.

Zusätzlich gibt es ab sofort einen zweiten Impfstoff, der während der Schwangerschaft zwischen der 24. und 36. Woche verabreicht werden kann. Durch die Weitergabe der mütterlichen Antikörper über die Plazenta an das Kind kann so auch das Neugeborene geschützt werden. Diese Impfung wurde Ende August von der Europäischen Arzneimittelagentur zugelassen und bietet dem Baby etwa für sechs Monate ab Geburt Schutz vor einer RSV-Infektion.

Schätzungen aus dem Jahr 2019 zeigen weltweit folgende Zahlen für Kinder unter fünf Jahren:

  • 33 Millionen akute Infektionen der unteren Atemwege
  • 3,6 Millionen Spitalsaufnahmen
  • 26.300 Todesfälle im Krankenhaus
  • Mehr als 100.000 RSV-assoziierte Todesfälle insgesamt
  • Ein Großteil davon betrifft Kinder unter sechs Monaten.
  • Zwei Prozent der Todesfälle bei Kindern unter fünf Jahren sind auf RSV zurückzuführen, bei den Kindern im Alter zwischen 28 Tagen und sechs Monaten sind es 3,6 Prozent.

Bei älteren Erwachsenen gehen Schätzungen aus dem Jahr 2015 von 1,5 Millionen akuten Infektionen der Atemwege aufgrund von RSV bei Personen über 65 in den Industrienationen aus.

  • 14,5 Prozent davon sind spitalsbedürftig.
  • Weltweit dürfte es etwa 336.000 Spitalsaufnahmen und 14.000 Todesfälle in dieser Altersgruppe in einer Saison gegeben haben.

Österreich

In Österreich infizieren sich jährlich rund 3,3 Prozent der Bevölkerung, also rund 303.000 Personen. 1.530 Betroffene werden aufgrund der Atemwegserkrankung hospitalisiert, 85 Prozent davon fallen auf das erste Lebensjahr. Tödlich endet eine RSV-Infektion hierzulande im Schnitt pro Jahr für 170 Personen - großteils Erwachsene ab 60 Jahren, aber auch für etwa fünf Säuglinge, ergab eine Analyse des Instituts für pharmaökonomische Studien (IPF) im Auftrag des ÖVIH.

Privat zu bezahlen

Beide Impfungen sind privat zu bezahlen. Der Preis ist mit 275 Euro relativ hoch angesetzt. "Meiner Meinung nach ist der Preis viel zu hoch, wodurch die Akzeptanz und die Impfbereitschaft gering sein wird. Ich hoffe, dass es früher oder später Bemühungen gibt, dass die Kosten übernommen werden", meinte Redelberger-Fritz. Die Impfstoffe sind ab sofort in Österreich verfügbar und können etwa beim Hausarzt verabreicht werden.

Welcher der beiden Impfstoffe - Arexvy ist für Erwachsene ab 60 Jahren zugelassen, Abrysvo für Schwangere sowie ebenfalls Personen ab 60 Jahren - zum Einsatz kommt, werde von der Verfügbarkeit in der Apotheke abhängen, sagte Redlberger-Fritz.

Ein Kombination mit anderen Impfstoffen ist prinzipiell möglich, aber zeitlich meist nicht sinnvoll. In Bezug auf Covid hängt es davon ab, wann die letzte Covid-Erkrankung erfolgte – laut NIG wird eine Auffrischung sechs bis zwölf Monate nach der letzten Infektion empfohlen –, während bei RSV eine Impfung vor Beginn der Saison erfolgen sollte. Die Influenza-Saison ist zeitlich etwas später – hier sollte die Impfung Ende Oktober/Anfang November erfolgen, also später als die RSV-Impfung.

Schutz für alle Neugeborenen ab 2024

Für Neugeborene gibt es bereits seit Jahren eine etablierte passive Immunisierung. Diese Medikamente stehen derzeit allerdings nur für Risikosäuglinge und Frühgeborene zur Verfügung. Sie erhalten während der RSV-Saison einmal pro Monat prophylaktisch monoklonale Antikörper, wobei dies jeden Monat neu chefärztlich bewilligt werden muss.

Ab Herbst 2024 soll eine Impfung für alle Kinder, also auch jene ohne erhöhtes Risiko, in ihrer ersten RSV-Saison verfügbar sein, die nur noch einmal pro Saison notwendig ist. Auch hier werden monoklonale Antikörper verabreicht, die jedoch mit nur einer Dosis einen Schutz für mindestens fünf Monate und somit über die gesamte RSV-Saison bieten können. Dies wird voraussichtlich von den Krankenkassen übernommen werden. 

Das Institut für pharmaökonomische Studien errechnete im Auftrag des Verbands der Impfstoffhersteller neben den Erkrankungs- und Todeszahlen auch die Krankheitskosten durch RSV-Infektionen in Österreich. Diese betragen direkt durch Behandlung und Spitalsaufenthalte sowie indirekt durch u.a. Arbeitsausfälle und im Schnitt 8,4 Krankenstandstagen pro Erkranktem rund 248 Millionen Euro, so das Ergebnis. Daher "würde eine Kostenübernahme der RSV-Impfung eindeutig Sinn machen", sagte ÖVIH-Präsidentin Renée Gallo-Daniel in Richtung Gesundheitspolitik.