Pandemie-Stress: Ärzte schlagen wegen steigender Zahnfrakturen Alarm
Isolation-Skin, Mask-Mouth, Spannungskopfschmerz, Erschöpfungserscheinungen: Der Stress, den die Corona-Pandemie mit sich bringt, manifestiert sich in einer Vielzahl von körperlichen Beschwerden. Jüngster Beweis: ein Anstieg bei Zahnfrakturen.
"Wir haben in den letzten sechs Monaten immer mehr gebrochene Zähne gesehen", schildert Paul Koshgerian, Oralchirurg in San Diego, das problematische Phänomen gegenüber CNN. Vor Corona hätte er in seiner Praxis rund einen Patienten alle zwei Tage mit entsprechenden Beschwerden behandelt, nun kämen zwischen zwei und bis zu fünf Patienten täglich.
Derek Peek, Zahnarzt und Mitglied der US-amerikanischen Gesellschaft für Zahnerhaltung, registrierte in seiner Praxis zwischen August und September im Vergleich zu den jeweiligen Monaten des Vorjahres doppelt so viele rissige Zähne – und das, obwohl er in diesem Zeitraum in Summe weniger Patienten behandelt hatte.
Ursachenforschung
Covid-19 macht die Zähne nicht etwa zerbrechlicher, allerdings könne die "Angst, die alles umgibt, was gerade vor sich geht, dazu führen, dass sich die Anspannung der Menschen deutlich hinaufschraubt", sagt Koshgerian zu CNN.
"In der Oralchirurgie oder im zahnärztlichen Bereich bedeutet das oft, dass Menschen beginnen mit den Zähnen zu knirschen", fügte er hinzu. Als Zähneknirschen (Bruxismus) bezeichnet man unwillkürliches (hörbares) Knirschen und Aufeinanderpressen der Zahnreihen. Bruxismus kann Füllungen oder Kronen beschädigen und Zähne rissig werden beziehungsweise regelrecht brechen lassen.
Zu typischen Symptomen zählen Zahnschmerzen beim Kauen oder Putzen, Schwellungen, die auf eine Infektion hindeuten oder abgebrochene Zahnstücke. "Wenn sich die Mundinnenseiten beim Aufwachen wund anfühlen, knirschen Sie möglicherweise nachts mit den Zähnen", sagt Koshgerian. Wer solche Anzeichen bemerkt, sollte umgehend einen Zahnarzt aufsuchen. Dieser kann mittels Röntgenaufnahmen das Zahnproblem lokalisieren.
Frühere zahnärztliche Arbeiten können Zähne anfälliger für Brüche machen. Auch Autounfälle oder das Kauen von harter Nahrung (etwa nicht aufgepoppte Popcornkörner) könne dazu beitragen.
"Nachts kommt Stress heraus"
Die Zahnexperten sehen den Corona-bedingten Stress als Treiber für die Zunahme rissiger Zähne. Dieser trete oft nachts zutage, "wenn Menschen unbewusst ihre Zähne zusammenbeißen", so Peek.
Tagsüber würden Anspannungsgefühle erfolgreich verdrängt, nachts greife diese Kontrollmechanismus nicht, der Stress bahnt sich seinen Weg – Zähneknirschen wird zum Ventil. "Und die Zähne zahlen den Preis dafür", sagt Koshgerian.
Stressige Lebensumstände – etwa eine Scheidung oder ein Umzug – verstärken Bruxismus erwiesenermaßen.
Was tun?
Regelmäßige Entspannungsaktivitäten wie Bewegung, Yoga, Meditation, Massagen oder Akupunktur können Stressreaktionen reduzieren.
"Die richtige Haltung mit einer gesund ausgerichteten Wirbelsäule und einem entspannten Kiefer ist der Schlüssel, um ein Zusammenbeißen und die nachfolgenden Belastungen zu vermeiden", sagt Alan Gluskin, Zahnchirurg und Präsident der US-amerikanischen Gesellschaft für Zahnerhaltung.