Wissen/Gesundheit

Zwei Drittel der Österreicherinnen leiden unter Regelschmerzen

Etwa 1,9 Millionen Frauen leiden jeden Monat unter mittelstarken bis sehr starken Schmerzen während der Menstruation. Mehr als die Hälfte von ihnen greift dann zu Schmerzmitteln, um den Alltag wie gewohnt bewältigen zu können. Das zeigt der erste österreichische Menstruationsgesundheitsbericht, der erstmals repräsentative Daten zu den Themen weibliche Menstruation, Endometriose und Wechseljahre liefert. 

"Wir wollen dieses Tabuthema vor den Vorhang holen", sagte Gesundheitsminister Johannes Rauch (Grüne) bei der Präsentation des Berichts in Salzburg. Mehr als 1.300 Mädchen und Frauen im Alter von 14 bis 60 Jahren wurden im Auftrag des Gesundheitsministeriums befragt.

Körperliche und psychische Beschwerden

Das Ergebnis: 67 Prozent der Befragten leiden regelmäßig unter mittelstarken bis sehr starken Schmerzen wie Bauch- und Rückenschmerzen, Krämpfen, Kopfschmerzen und Migräne. 55 Prozent greifen während der Periode zu Schmerzmitteln, um den Alltag bewältigen zu können.  Auch psychische Beschwerden wie Niedergeschlagenheit, Reizbarkeit und Deprimiertheit sind weit verbreitet. Rund 20 Prozent der Befragten fühlen sich beim Gedanken an die Menstruation immer oder häufig gestresst. Rund 19 Prozent aller Befragten geben an, sich während der Menstruation zurückzuziehen.

Zudem leidet jede fünfzehnte Frau an der chronischen gynäkologischen Schmerzerkrankung Endometriose. Die Dunkelziffer liegt noch höher. Noch immer dauert es durchschnittlich sieben Jahre, bis Betroffene eine Diagnose erhalten. "Endometriose wird kaum wahrgenommen", so der Gesundheitsminister. Für eine gute Diagnostik und Behandlung werde die Gesundheit Österreich GmbH mit der Fachgesellschaft für Frauengesundheit die Leitlinie Endometriose überarbeiten. 

Mangelhafte Informationen, hohe Kosten

Das Durchschnittsalter bei der ersten Menstruation liegt in Österreich bei 13 Jahren. Die Hälfte fühlt sich gut informiert, 19 Prozent sind nicht vorbereitet und 26 Prozent wissen nicht genau, was auf sie zukommt, erklärte Studienautorin Sylvia Gaiswinkler. 66 Prozent der Frauen verwenden Tampons, 58 Prozent Binden und Slipeinlagen. Ein Viertel der Befragten fühlt sich beim Kauf dieser Produkte im Geschäft nicht wohl.

Auch die Kosten für Hygieneartikel stellen für manche eine Belastung dar: 4,7 Prozent können sich Menstruationsartikel nur schwer leisten, für 16 Prozent ist dies gelegentlich der Fall. Damit sind bis zu 500.000 Frauen in Österreich von Periodenarmut betroffen.

Aufklärungsbedarf rund um Wechseljahre und Menopause 

Dem Bericht zufolge wünschen sich Frauen auch evidenzbasierte Informationen über die Wechseljahre. Das Durchschnittsalter der letzten Regelblutung liegt in Österreich laut Bericht bei 49 Jahren. Jede fünfte Frau fühlt sich demnach wenig oder gar nicht über die Wechseljahre informiert, sogar 98 Prozent berichten von Beschwerden. Dennoch stimmen 70 Prozent der Aussage zu, dass sich Frauen in den Wechseljahren frei und unabhängig fühlen.

Studienautorin Gaiswinkler ortet einen deutlichen Handlungsbedarf, was flächendeckende, niederschwellige und kostenfreie Information und Aufklärung betrifft. Die hohe Rücklaufquote bei der Befragung habe gezeigt, dass es großes Interesse gebe, sagte sie. "Menstruation ist ein schambehaftetes und tabuisiertes Thema. Das wirkt sich auf das Wohlbehagen und die Gesundheit der Frauen aus." 

Die Lebensumstände der Frauen müssten ernst genommen werden. Ziel sei es, Informationslücken zu schließen, erklärte Rauch und kündigte an, dass noch in diesem Jahr das Gesundheitsministerium Videos in elf Sprachen zu Themen wie erste Menstruation und Abhilfe bei Beschwerden, Endometriose, Wechseljahre und weibliche Genitalverstümmelung veröffentlichen werde.