Wissen/Gesundheit

Long-Covid: SARS-CoV-2 kann auch das Auge nachhaltig schädigen

Müdigkeit, Hirnnebel, Schmerzen in Muskeln, Gelenken, dem Rücken und Kopf, Schlafstörungen und Magen-Darm-Probleme: Anhaltende Beschwerden nach einer Corona-Erkrankung können vielfältig sein.

Long Covid oder Post-Covid-Syndrom: Unter diesen Begriffen werden die Langzeitfolgen inzwischen subsumiert. Auch das visuelle System, sprich Augen und Sehkraft des Menschen sowie jener Teil des Nervensystems, der visuelle Informationen verarbeitet, können betroffen sein.

Verminderte Sehschärfe bis Netzhautablösung

Dabei kann es etwa zu einer Beeinträchtigung der Sehnervenbahnen einerseits und Gefäßveränderungen in der Netzhaut andererseits kommen. Mit Folgen wie verminderter Sehschärfe, Augenbewegungsstörungen, Durchblutungsstörungen oder Netzhautablösungen.

Einen weiteren Beleg für den potenziell schädigenden Effekt von Covid-19 auf das Auge liefert nun eine neue experimentelle Studie an Mäusen. Konkret konnte ein Team der US-amerikanischen University of California zeigen, dass eine Infektion mit SARS-CoV-2 die Netzhaut schädigen und sich so langfristig negativ auf das Sehvermögen auswirken kann.

SARS-CoV-2 im Pigmentepithel der Netzhaut

Zu den Folgeerscheinungen von Covid-19 gehören verschiedene neurologische Symptome, was laut den Forschenden schon per se darauf hindeute, "dass das Virus das zentrale Nervensystem beeinträchtigen kann", wie es in einer Aussendung zur Studie heißt. Auch die Augen sind Teil des zentralen Nervensystems. Dennoch sei über die Auswirkungen des Virus auf das Sehorgan wenig bekannt, so die Fachleute. 

In der Studie wurden gentechnisch manipulierte Mäuse, die den menschlichen SARS-CoV-2-Rezeptor (an diesen dockt das Virus an, um in die Zellen zu gelangen und sich darin zu vermehren) in sich tragen, mit dem Virus infiziert. Fünf Tage später wurden die Netzhäute und Lungen der Nager untersucht: Man entdeckte SARS-CoV-2 im Pigmentepithel der Netzhaut (Retina). Das Pigmentepithel ist eine Zellschicht, die sich direkt hinter der Retina des Auges befindet.

Ein Zusammenhang zwischen der Viruslast in den Augen und jener in der Lunge konnte nicht nachgewiesen werden. Was laut den Studienautorinnen und -autoren darauf hindeutet, dass eine Infektion der Netzhaut auch bei Ausbleiben schwerer Atemwegssymptome auftreten kann.

Empfindlicher gegenüber oxidativem Stress 

Experimente an im Labor kultivierten menschlichen Pigmentepithelzellen bestätigten den Forschungsbefund. Es zeigte sich auch, dass das Vorhandensein toxischer Virusproteine zu einer Formveränderung der Pigmentepithelzellen führt und sie empfindlicher gegenüber oxidativem Stress macht. Diese Veränderungen beeinträchtigten die Fähigkeit der Zellen, die Blut-Retina-Schranke aufrechtzuerhalten: Sie verhindert beispielsweise das Eindringen von Krankheitserregern aus dem Blutkreislauf in die Netzhautschichten.

Und: Die SARS-CoV-2-Infektion verursachte auch eine Entzündung im retinalen Pigmentepithel – ein Risikofaktor für die altersbedingte Makuladegeneration, die wiederum eine der Hauptursachen für Erblindung bei älteren Menschen ist. Eine SARS-CoV-2-Infektion, so folgern die Forschenden, könnte somit auch den Beginn und das Fortschreiten der altersbedingten Erblindung beschleunigen.