Neue KI-Technik analysiert Gewebe bei Gehirntumor-Operationen
Bei der Analyse von Tumoren geht es in erster Linie um Zeit. Mithilfe Künstlicher Intelligenz könnte diese nun deutlich verkürzt werden. Eine solche laserbasierte Technologie wird nun an der Universitätsklinik für Neurochirurgie von MedUni Wien und AKH Wien eingesetzt, um die Tumorbefundung während einer Tumor-Operation zu ermöglichen.
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Mit der "Stimulated Raman Histology" (SRH) kann direkt im Operationssaal ein digitaler Gewebeschnitt erstellt werden, der nach nur wenigen Minuten aufgerufen und befundet werden kann. Im internationalen Durchschnitt dauert der Transport des Gewebes zur Neuropathologie, die manuelle Anfertigung des Gewebeschnitts und deren Analyse sonst normalerweise rund 30 Minuten. Mithilfe von SRH gibt es binnen Minuten einen Befund.
Gewebeproben können direkt im OP-Saal analysiert werden
Im Zentralnervensystem existieren etwa 120 verschiedene Tumorarten, bei deren Behandlung meist eine Operation mit Histologiegewinnung der erste Schritt ist. Dabei wird ein Stück des Tumors entnommen und zur besseren Einschätzung der Tumormerkmale ein histologischer Schnellschnitt an der Neuropathologie erstellt und befundet.
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"Bei der neuen Technologie werden während der Tumoroperation frische, unbehandelte Gewebeproben auf einen Objektträger platziert und können anschließend direkt im Operationssaal mit dem SRH-Gerät analysiert werden", beschreibt Georg Widhalm von der Universitätsklinik für Neurochirurgie den Vorgang. Da das Gewebe in unbehandeltem Zustand analysiert wird, steht es anschließend uneingeschränkt für weitere detaillierte Analysen im Rahmen der Routinediagnostik zur Verfügung.
Auch bei Nadelbiopsien kann der Eingriff wesentlich rascher beendet werden, wenn diagnostisches Tumorgewebe mittels SRH nachgewiesen wurde. Solche Eingriffe werden nicht nur bei der Diagnose von Gehirntumoren eingesetzt, sondern können auch bei der Diagnosesicherung von anderen neurologischen Erkrankungen wie entzündlichen Erkrankungen der Blutgefäße und Entmarkungsläsionen angewendet werden.
Technologie wird erstmals in Europa eingesetzt
Die primär in den USA entwickelte SRH-Technik wurde an der Universitätsklinik für Neurochirurgie von MedUni Wien und AKH Wien unter der Leitung von Georg Widhalm erstmals in Europa eingesetzt und ist Forschungsgegenstand. In einer wissenschaftlichen Studie an der MedUni Wien konnte eine Übereinstimmung der digitalen Histologie mit dem konventionellen Schnellschnitt von 99 Prozent gezeigt werden.
"Die neue Technologie ermöglicht den Chirurginnen und Chirurgen eine raschere Entscheidung bezüglich der optimalen chirurgischen Strategie im OP-Saal, wodurch sich die Zeit im OP für Patientinnen und Patienten deutlich verkürzt. Zusätzlich erhöht sich auch die Sicherheit des Eingriffs", so Widhalm.
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Weitere Einsatzmöglichkeiten von Künstlicher Intelligenz werden untersucht
Bei den meisten Gehirntumoren ist das Ziel, eine maximal sichere Tumorentfernung zu erreichen. Bei hirneigenen Tumoren (Gliome) ist die Abgrenzung des Tumorgewebes von gesundem Gewebe bei der Operation besonders schwierig und in einigen Fällen sind daher Rest-Tumoranteile nach dem Eingriff zu beobachten. Eine neue KI-Technologie ist in der Lage, die Tumorgrenze exakter aufzufinden. Chirurginnen und Chirurgen können dadurch die während der Operation entnommenen Gewebeproben an der vermuteten Tumorgrenze auf das Vorhandensein von Rest-Tumorgewebe untersuchen.