Gewerkschafter: "Schulöffnung bedeutet Durchseuchung"
Die Pflichtschulen beginnen am heutigen Montag österreichweit wieder der Unterricht. Die Oberstufe sollen am 17. Mai im Schichtbetrieb starten - und das trotz hoher Infektionszahlen.
Daran gibt es jetzt heftige Kritik von der unabhängigen Lehrergewerkschaft ÖLI-UG. Deren Sprecher Gary Fuchsbauer, der auch im Vorstand der Gewerkschaft öffentlicher Dienst (GÖD) sitzt, wirft insbesondere Bundeskanzler Kurz vor, dass er eine Durchseuchung der Kinder und somit auch deren Familien bewusst in Kauf nimmt.
R-Wert über 5
„Die Schulen haben bereits im Schichtbetrieb Schwierigkeiten, die gebotenen Regeln einzuhalten. Wenn jetzt wieder ganze Klassen mit bis zu 36 Schülerinnen und Schülern auf 60 m2 zusammengedrängt werden, dann sollen Bildungsminister und Bundeskanzler doch vorzeigen, wie die Abstände - laut den allgemeinen Schutzbestimmungen 2 Meter - eingehalten werden“, meint der AHS Lehrerinnenvertreter Gerhard Pušnik.
Hannes Grünbichler, stv. Vorsitzender der BMHS-Gewerkschaft, ergänzt: „Die Berechnungen an der TU Berlin zeigen, dass in vollen Klassen auch mit FFP2-Maske der situationsbedingte R-Wert bei über 5 liegt: Ein Infizierter steckt bis zu fünf weitere Schülerinnen und Schüler an. Auch die Antigentests helfen nicht dagegen, weil diese in der Hälfte aller Fälle nur in der ‚höchst‘ ansteckenden Phase ein positives Ergebnis anzeigen und die Ansteckungen schon vorher stattgefunden haben.“
Kein unbeschwerter Sommer
Fuchsbauer ist verärgert: „Das ist die geplante Durchseuchung der Kinder und Jugendlichen und ihrer Eltern. Man nimmt ihnen jetzt den unbeschwerten Sommer. Und wie, bitte, sollen ab 19. Mai die Maturantinnen und Maturanten bei den Klausuren auf viele Räume verteilt in weitem Abstand sitzen, wenn in allen Klassen voll besetzt sind?“
Schwer kranke Eltern
„Derzeit sind noch nicht alle Lehrerpersonen geimpft, die meisten haben erst eine Teilimpfung, etliche Lehrkräfte haben noch gar kein Impfangebot erhalten, genauso wie die allermeisten Eltern“, stellt Ursula Göltl (AHS-Lehrerinnenvertreterin aus Wien) fest.
„Ich bemühe mich in der Klasse um Abstandhalten und konsequentes Lüften, mache mir aber große Sorgen, dass das nicht reichen wird. Bei den derzeitigen Infektionszahlen sind Schulen im Vollbetrieb nicht sicher. Wer kümmert sich um die Kinder, wenn Schülerinnen ihre Eltern anstecken und diese schwer krank werden?“
Schulbetrieb mit vollen Klassen bedeutet bei den derzeitigen Fallzahlen geplante Durchseuchung. Das halten die Vertreter*innen der ÖLI-UG so kurz vor dem Sommer und dem breiten Ausrollen der Impfungen für unverantwortlich.