Coronavirus: Sehr wenige infizieren sehr viele
Von Ernst Mauritz
Wenige infizieren viele: Dass dies beim neuen Coronavirus der Fall ist, bestätigt die bisher größte Studie zur Nachverfolgung von Kontaktpersonen. Dafür wurden von einem US-Forscherteam die Daten indischer Gesundheitsbehörden zu 85.000 Fällen und nahezu 600.000 ihrer Kontaktpersonen ausgewertet.
– 70 Prozent der untersuchten ursprünglich Infizierten (Indexpersonen) steckten niemanden an.
– Acht Prozent der Infizierten waren hingegen für 60 Prozent der nachverfolgten Neuinfektionen verantwortlich, so die Studie.
– In Familien steckten Erst-Infizierte nur neun Prozent ihrer engen Kontakte an.
„Kontaktuntersuchungen sind personalaufwendig und deshalb in reicheren Ländern nur begrenzt durchführbar. In Indien ist die Situation anders“, schreibt das deutsche Ärzteblatt. „Die Lohnkosten sind gering und die Gesundheitsämter sind häufig personell gut aufgestellt.“
„Dass es zu einer solchen starken Infektionsweitergabe durch einzelne Personen kommt, hängt natürlich einerseits sehr von Ereignissen ab, die das möglich machen“, sagt dazu der Virologe Stephan Aberle von der MedUni Wien. Gleichzeitig muss die betroffene Person in ihrer hochinfektiösen Phase sein. Es gibt aber auch noch andere Faktoren: „Menschen die lauter reden zum Beispiel, bilden auch mehr Tröpfchen.“
Dass es etwa in Theatern oder Konzertsälen bisher keine Probleme gebe, hänge mit den Präventionskonzepten zusammen, betont Aberle: „Wenn man mit Abstand ruhig auf seinem Platz sitzt und dabei nicht spricht, erwarte ich mir keine großen Infektionsübertragungen.“
In einem weiteren Punkt kommt die indische Studie zu anderen Ergebnissen als bisher: Jedes vierte Kind zwischen einem und vier Jahren steckte sich an, wenn es Kontakt zu einem infizierten Kleinkind hatte.
„Kinder sind sehr effiziente Überträger, was sich in früheren Studien nicht so gezeigt hat“, wird Studienautor Ramanan Laxminarayan von der Princeton University in den USA auf spiegel.de zitiert. Erwachsene wurden von Kindern dagegen offenbar deutlich seltener angesteckt, hier lag der Wert zwischen fünf und acht Prozent. Die Studie ist im Fachmagazin Science erschienen.