Wissen/Gesundheit

Aus für Quarantäne: Was Experten dazu sagen

Das Ende der Corona-Quarantäne ist unter Experten umstritten: Während Epidemiologe Gerald Gartlehner die Aufhebung für vertretbar hielt und eine Fokussierung auf Risikogruppen anregte, zeigten sich andere Wissenschafter wie etwa der Molekularbiologe Ulrich Elling oder der Virologe Norbert Novotny skeptisch.

Gartlehner betonte gegenüber der APA vor allem zwei Punkte, die für eine Aufhebung sprechen: So sei die aktuelle Covidvariante BA.5 derartig infektiös, dass Personen, die ganz am Anfang ihrer Infektion noch gar keine Symptome entwickelt haben, bereits andere Menschen anstecken. Eine Isolation würde deshalb nur mehr geringe Auswirkungen auf das Pandemiegeschehen haben. Außerdem müsse man die Realität zur Kenntnis nehmen, dass weite Teile der Bevölkerung die Maßnahmen nicht mehr mittragen.

Vulnerable Personen schützen

Der Epidemiologe wies zudem auf andere Regionen wie etwa die skandinavischen Länder oder auch Spanien hin, die schon länger keine Maßnahmen mehr vorschreiben - und dennoch zeitversetzt einen ähnlichen Pandemieverlauf haben wie Österreich. Auch die Metropole Madrid sei mit acht Millionen Bewohnern ohne Isolation oder Maskenpflicht durch die jüngste Welle gekommen.

Gartlehner sprach sich viel mehr dafür aus, die vulnerablen Personen mehr zu schützen und schnell zu einer vierten Impfung zu bewegen. Zudem sollten diese Menschen während den jeweiligen Coronawellen mehrmals pro Woche testen, um eine Infektion früh zu erkennen. Dann könne man nämlich mit antiviralen Medikamenten einen schweren Verlauf oft vermeiden.

Contra

Andere Experten sahen dies anders: "Um jegliche Zweideutigkeit auszuschließen: ich bin GEGEN die Aufhebung der Quarantäne. Lösen wir den Personalmangel im Gesundheitswesen, Schulen, und anderswo nachhaltig. Akzeptieren wir, dass dieser endemische Zustand so nicht tragbar ist. Hört noch jemand zu? Es geht auch nicht darum, nochmals einen letzten Covid Winter oder eine letzte Welle zu durchtauchen.

Es geht darum, sich an die bis auf weiteres neue Realität zu adaptieren", schrieb der Molekularbiologen Ulrich Elling im Kurznachrichtendienst Twitter. Dort wies auch der Mikrobiologe Michael Wagner darauf hin, dass "Daten aus Dänemark und Portugal zeigen, dass Rate der Krankenhauseinweisungen nach BA.5 deutlich erhöht gegenüber BA.2 ist". Dies sollte bei politischen Entscheidungen mitberücksichtigt werden.

Der Virologe Norbert Nowotny sprach sich auch gegen ein Ende der Quarantäne aus. "Diesen Schritt können wir irgendwann einmal machen, aber nicht zum jetzigen Zeitpunkt", wurde er in einem Infomail des "Falter" zitiert. Denn die Zahl der Infizierten und der Patienten, die in Spitälern behandelt werden, sei nach wie vor hoch und könnte durch das Quarantäne-Ende wieder steigen.

Sinnhaftigkeit der Isolation

Der Komplexitätsforscher Peter Klimek plädierte hingegen für ein Ende der Isolationspflicht, da hier mehrere Faktoren zu berücksichtigen wären. "Wer aus epidemiologischer Sicht die Sinnhaftigkeit der Isolation bei einer Erkrankung wie Covid-19 leugnet, kann genauso gut leugnen, dass der Himmel blau ist. Aber es gibt eben auch wirtschaftliche und gesellschaftspolitische Überlegungen, die berücksichtig gehören", sagte er gegenüber der "Presse". Andere Länder wie etwa Spanien und Großbritannien gingen diesen Weg seit Monaten - "dort hat es die Spitäler auch nicht zerrissen. Ich finde, dass momentan dieser Schritt in Österreich möglich ist, ohne das Gesundheitssystem unmittelbar zu gefährden". Um herauszufinden, ob dann auch weiterhin keine Gefährdung eintritt, brauche es aber eine bessere Surveillance.

Virologe Andreas Bergthaler schreibt indes auf Twitter: "Wissenschaftliche Argumente für die Aufhebung der Isolation zum jetzigen Zeitpunkt sind mir unbekannt. Da politisch dennoch so entschieden wurde, sollte es zumindest kompensatorisch Verbesserungen geben: 1) Vulnerable: so denn die Pandemie zusehends Richtung Schnupfen... 1/h".

Zudem plädiert er für ein Paket für besonders Schutzbedürftige. 

 

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Ziel muss es sein, durch eine bundesweite Datensammlungen zu einer "umfassenden Lagebeurteilung" zu gelangen.