Wirtschaft

WKStA führt zwei Jahre nach Commerzialbank-Pleite 34 Beschuldigte

Seit zwei Jahren ist die Commerzialbank Mattersburg geschlossen. Ebenso lang ermittelt die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) bereits wegen der mutmaßlichen Bilanzfälschungen, die durch eine Selbstanzeige von Ex-Bankchef Martin Pucher und Ex-Vorständin Franziska Klikovits am 14. Juli 2020 ans Licht gekommen sind. Mittlerweile führe die WKStA 34 Beschuldigte, teilte sie auf APA-Anfrage mit. Wie lange das Verfahren noch dauern wird, ist nicht abschätzbar.

Ermittelt wird gegen 24 Personen und zehn Verbände, allen voran gegen Pucher und Klikovits, nach deren Selbstanzeige die Finanzmarktaufsicht (FMA) die Bank zugedreht hatte. Den weiteren zeitlichen Verlauf der Ermittlungen könne man bei einem solchen Verfahren nicht seriös beurteilen, hieß es von der WKStA. Ausständig seien unter anderem Sachverständigengutachten.

Am kommenden Donnerstag ist die Bankpleite genau zwei Jahre her. Ihre Aufarbeitung hat in dieser Zeit bereits mehrfach für Aufregung gesorgt. Auch Landeshauptmann Hans Peter Doskozil (SPÖ) geriet im Zuge der Ermittlungen kurzzeitig ins Visier der Justiz. Die ÖVP Burgenland zeigte ihn und FMA-Chef Helmut Ettl wegen mutmaßlicher Falschaussage im Untersuchungsausschuss zur Causa an. Die beiden hatten einander in Hinblick auf die Informationsflüsse vor der Schließung der Bank widersprochen. Doskozil wurde befragt, sein Handy ausgewertet. Am 13. April dieses Jahres wurden die Verfahren gegen ihn und Ettl eingestellt.

Generell kam es auf der Suche nach Verantwortlichen zu zahlreichen Klagen - gegen Wirtschaftsprüfer TPA, die Republik Österreich und das Land Burgenland, das als Revisionsverband der Mehrheitseigentümerin der Bank tätig war. Verfahrensrichter Walter Pilgermair kam nach dem U-Ausschuss aber zu dem Schluss, dass es seitens des Landes keine Verfehlungen gegeben habe - wenngleich die Opposition das anders sah. Außerdem haftet das Land nach Urteilen des Landesgerichts Eisenstadt und des Oberlandesgerichts Wien nicht für durch die Bankpleite entstandene Schäden - ebenso wenig der Bund, weil die Bankenaufsicht laut Verfassungsgerichtshof den Finanzmarkt und nicht den einzelnen Anleger schützt.

Was von der Commerzialbank bleibt, ist die größte Pleite, die es jemals im Burgenland gegeben hat. Rund 400 Gläubiger fordern im Konkursverfahren mehr als 820 Mio. Euro. Die Überschuldung liegt bei 700 Mio. Euro. Über 157 Millionen dürften bar aus der Bank getragen worden sein - teilweise zum SV Mattersburg, dessen Präsident Pucher war.

Die ehemaligen Mitarbeiter, Aufsichtsräte und Vorstände lieferten im U-Ausschuss ein bezeichnendes Bild von den Vorgängen in der Bank. Sie wollten von Unregelmäßigkeiten nichts mitbekommen haben und gaben sich ahnungslos. "Eine Bilanz zu lesen, und das wird jeder andere wissen, ist nicht so einfach, wie man glaubt. Dieser Umstand führte zu dem Dilemma, vor dem wir jetzt stehen", sagte ein Ex-Aufsichtsrat. Klikovits gab an, dass 50 Prozent der Kredite, 95 bis 98 Prozent der Interbankveranlagungen und zehn Prozent der Kundeneinlagen, die ausgebucht wurden, "Fake" gewesen seien. Als anfänglichen Grund für die falsche Darstellung von Geldflüssen nannte sie das Bilanzbild. Es sei darum gegangen, sich besser darzustellen.

Pucher selbst betonte im U-Ausschuss, dass er Verantwortung übernehmen wolle, und berichtete von Goldgeschenken an Politiker. Er sagte, dass Alt-Landeshauptmann Hans Niessl, die ehemalige Mattersburger Bürgermeisterin Ingrid Salamon (beide SPÖ) und Ex-Wirtschaftslandesrat Karl Kaplan (ÖVP) Goldplättchen erhalten haben sollen. Alle drei wiesen das zurück. Tatsächlich beschenkt wurde Ex-Landesrat Christian Illedits (SPÖ), der wenige Wochen nach Auffliegen des Bankskandals zurücktrat, weil er ein Goldblatt vom SV Mattersburg angenommen hatte.

Nationalbank und FMA sprachen von einem "Kriminalfall" und sahen sich nicht in der Verantwortung. Landeshauptmann Doskozil sah das anders und meinte, dass die Bankenaufsicht "auf Kindergartenniveau versagt" habe - obwohl es zwei Whistleblower-Meldungen gegeben habe. Wer tatsächlich die Verantwortung trägt, wird sich aber wohl erst vor Gericht klären lassen.