Wirtschaft

WIFO-Chef: Österreich in "längster rezessiver Phase" seit Ende des Weltkriegs

Österreichs Wirtschaft kommt weiterhin nicht in Schwung. Mit dem nunmehr achten Quartal in Folge mit einer Stagnation oder einer Schrumpfung sei dies "die längste rezessive Phase seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs", so WIFO-Chef Gabriel Felbermayr im Rahmen des "Bank Austria Forums" am Donnerstag. Insbesondere der Arbeitsmarkt sei ein Sorgenkind der heimischen Wirtschaft.

Die Oesterreichische Nationalbank (OeNB) hat in ihrer September-Interimsprognose den Ausblick für Österreichs Wirtschaft drastisch gesenkt. Aufgrund veränderter Wachstumsaussichten für das zweite Halbjahr hat die OeNB die Prognose für das reale Wachstum des Bruttoinlandsprodukts (BIP) im Jahr 2024 von +0,3 Prozent um einen Prozentpunkt auf -0,7 Prozent und für 2025 von +1,8 Prozent um 0,8 Prozentpunkte auf +1,0 Prozent gesenkt.

"Wohlstand in Gefahr"

Verglichen mit dem vierten Quartal 2019 sei das Arbeitsvolumen, also die geleisteten Arbeitsstunden, laut Felbermayr um drei Prozent gesunken, obwohl die Bevölkerung in diesem Zeitraum um 3,5 Prozent gestiegen sei. "Wenn immer mehr Menschen im Land sind, wir aber immer weniger arbeiten trotz der zusätzlichen Personen, die da sind, dann ist unser Wohlstand ganz offensichtlich in Gefahr", warnte Felbermayr. 

Mehr Menschen würden zu mehr Nachfrage nach verschiedensten Dienstleistungen führen, während weniger Arbeitsvolumen gleichzeitig in weniger Angebot resultiere. Die Folge sei Preisdruck, der wiederum Inflation bedeute.

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"Wir haben Angstsparen"

Diesbezüglich forderte Felbermayr, Vollzeitarbeitskräfte zu akquirieren. Eine Steuerprämie für Vollzeit sei eine "gute Idee", während er eine Freistellung von Überstunden nicht begrüße. Die Menschen, die Überstunden machen, würden in der Regel schon Vollzeit arbeiten. Außerdem müsse man die Korridorpension "neu designen", sodass nicht nur die Möglichkeit des früheren Pensionsantritts wahrgenommen werde, sondern auch die des späteren.

Kritisch sehe der Wifo-Chef auch die Entwicklung der Reallöhne in Österreich. Für 2025 prognostiziert sein Institut einen Reallohnanstieg gegenüber 2019 um zwei Prozent, während für den Euroraum ein Minus von 0,4 Prozent prognostiziert wird. "Wenn die Reallöhne so stark steigen, wie sie das tun und der Arbeitsmarkt stabil steht", was trotz Entlassungen und Insolvenzen laut Felbermayr der Fall ist, "sollte man eigentlich erwarten, dass der Konsum ordentlich zulegt. Tut er aber nicht. Wir haben Angstsparen", beklagte er.

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Jene zukunftskritische Haltung zeige sich auch bei den Befragungen, die das Wifo unter Unternehmerinnen und Unternehmern durchführt. Diese würden zeigen, dass "die Pessimisten überwiegen". Das spiegle sich auch im Investitionsverhalten wider. "Es wird nicht investiert in diesem Land", kritisierte Felbermayr und forderte deshalb, Investitionsanreize zu stärken.

Trotz allem beruhigte der Ökonom und verwies auf die gute Platzierung Österreichs in weltweiten Wirtschaftsrankings. Aus solch einer Position startend "dauert es schon ein paar Jahre, bis der Abschwung wirklich sichtbar ist", aber man müsse das Steuer eben irgendwann rumreißen, so Felbermayr.

Kurz zusammengefasst

  • Österreich befindet sich seit acht Quartalen in einer stagnierenden oder schrumpfenden Wirtschaft, der längsten rezessiven Phase seit dem Zweiten Weltkrieg.
  • Der Arbeitsmarkt zeigt deutliche Schwächen, mit gesunkenem Arbeitsvolumen trotz steigender Bevölkerung, was zu Inflationsdruck führt.
  • Wifo-Chef Felbermayr fordert Maßnahmen zur Förderung von Vollzeitarbeit und Investitionsanreize.