Wirtschaft

Boeing: Staatsanwälte für Strafanzeige wegen Complianceverstößen

Im Fall der Abstürze von zwei 737-MAX-Maschinen mit insgesamt 346 Toten vor mehr als fünf Jahren will das US-Justizministerium dem Flugzeugbauer Boeing nach einem Medienbericht eine Vereinbarung über die Aussetzung der Strafverfolgung vorschlagen. Dafür soll eine unabhängige Aufsicht für den Konzern ernannt werden, berichtete die "New York Times" unter Berufung auf den Beratungen nahestehende Quellen.

Demnach halten hochrangige Vertreter des Ministeriums einen Prozess für "rechtlich zu riskant". Die Ministeriumsvertreter seien der Auffassung, dass die Ernennung einer unabhängigen Aufsichtsstelle ein "schnellerer und effektiverer" Weg sei, um sicherzustellen, dass Boeing seine Produktionsprozesse und die Qualitätskontrolle verbessere, berichtete die NYT weiter.

Empfehlung der Staatsanwaltschaft

Die US-Staatsanwaltschaft empfiehlt Insidern zufolge dem Justizministerium, Anklage gegen den Flugzeughersteller Boeing zu erheben. Dies berichteten zwei mit der Angelegenheit vertraute Personen der Nachrichtenagentur Reuters.

Das Justizministerium muss bis zum 7. Juli über eine Strafverfolgung entscheiden. Ein Sprecher des Justizministeriums wollte sich auf Anfrage von Reuters zunächst nicht äußern.

Im Rahmen der Vereinbarung von 2021 zahlte der Airbus-Rivale 2,5 Milliarden Dollar, um eine Strafverfolgung wegen Betrugs bei der US-Luftfahrtbehörde FAA abzuwenden. Dafür musste der Konzern seine Compliance-Verfahren überarbeiten und regelmäßig Berichte vorlegen. Laut Insidern sehen die Staatsanwälte diese Auflagen als verletzt an. Boeing wies die Vorwürfe zurück.

Vergangene Woche forderten die Angehörigen der Opfer der beiden Abstürze die Staatsanwaltschaft auf, eine Geldstrafe von fast 25 Milliarden Dollar gegen Boeing zu verhängen und strafrechtlich gegen den Flugzeugbauer vorzugehen.

Boeing zu wichtig für USA

Strafprozesse sorgen nach Angaben der NYT oft dafür, dass die beklagten Unternehmen Konkurs anmelden müssen. Boeing ist ein für die US-Wirtschaft sowie die nationale Sicherheit wichtiges Unternehmen.

Zuletzt sorgten mehrere technische Pannen bei Boeing-Maschinen für Verunsicherung. So brach Anfang des Jahres bei einer Boeing 737 MAX 9 der Alaska Airlines während des Fluges ein Teil der Kabinenwand heraus. Das Flugzeug musste notlanden. Die Flugaufsichtsbehörde FAA ordnete in der Folge im Jänner ein vorübergehendes Flugverbot für Maschinen der Bauart 737 MAX an.

Der Vorstandsvorsitzende von Boeing, Dave Calhoun, gelobte am Dienstag bei einer Anhörung vor einem Ausschuss des US-Senats Besserung. "Unsere Kultur ist noch lange nicht perfekt, aber wir ergreifen Maßnahmen und machen Fortschritte", sagte er. Calhoun bat außerdem die Angehörigen von Opfern der Abstürze in den Jahren 2018 und 2019 um Entschuldigung.