Wirtschaft

Die fabelhafte Welt des Fab

Der „Fabelhafte Fab“ ist entzaubert. Als erster hochrangiger Wall-Street-Banker wurde Fabrice Tourre (34), ehemals Wertpapier-Händler der Investmentbank Goldman Sachs, zur Rechenschaft gezogen – für Geschäfte, die als Mitauslöser der Krise gelten. Die US-Börsenaufsicht warf dem gebürtigen Franzosen vor, Investoren 2007 mit hochkomplexen Finanzprodukten hinters Licht geführt zu haben.

Die Geschworenen am Zivilgericht in Manhattan befanden Tourre in der Nacht auf Freitag bei sechs von sieben Betrugsvorwürfen schuldig. Das Strafausmaß wird erst verkündet. Eine Haftstrafe muss Tourre nicht fürchten; ihm drohen eine hohe Geldbuße und ein Berufsverbot.

„Witwen und Waisen“

Die Causa rückt auch Goldman Sachs in schiefes Licht. Die ehemals unantastbare Investmentbank wird jetzt als Symbol der Wall-Street-Exzesse angefeindet. Dass Tourre als „Gesicht der Gier“ betitelt wurde, hat er sich selbst zuzuschreiben. Im Verfahren tauchten unglaublich arrogante eMails auf. Er habe Schrottpapiere „an Witwen und Waisen“ verkauft, scherzte er – eine Aussage, die er vor Gericht bedauerte. Seiner Freundin in London schrieb er: „Das ganze Kartenhaus fällt bald zusammen! Als einziger Überlebender steht der Fabelhafte Fab inmitten dieser komplexen, hochgradig gehebelten, exotischen Produkte, die er geschaffen hat, ohne alle Folgen dieser Monstrositäten zu verstehen!!!“ Geschäfte, an denen er in jenem Jahr insgesamt 1,7 Mio. Dollar verdiente.

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Tourre plädierte im Verfahren auf unschuldig. Seine Anwälte stellten ihn als Sündenbock dar für eine Krise, die er nicht verursacht habe. Den Titel „Vizepräsident“ hätten bei Goldman Hunderte Händler getragen. „Ich weiß nicht, ob ich Tourre unter die Top-100-Bösewichter der Krise reihen würde“, schrieb Finanzexperte Neil Irwin in der Washington Post. „Er war einfach clever genug, um zu verstehen, was lief. Und dumm genug, sich damit in eMails zu brüsten.“

Die Börsenaufsicht fühlt sich durch das Urteil bestätigt. Den Vorwurf der Untätigkeit weist sie zurück: Man habe 157 Klagen eingeleitet und 2,7 Mrd. Dollar zurückgeholt.

Bilder: Die Häuser der Krise

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Wer Anfang 2007 erriet, dass die US-Immobilienblase bald platzen würde, konnte unfassbar reich werden. Einer, der dieses Gespür hatte, war Hedgefonds-Manager John Paulson. Er half der Investmentbank Goldman Sachs, unter dem Namen „Abacus 2007-AC1“ ein Bündel an Hypothekenkrediten zusammenzustellen. Da er auf einen Preisverfall dieses Wertpapiers wettete, hatte er ein Interesse, besonders fragwürdige Kredite auszusuchen. Das verschwieg der dafür zuständige Goldman-Mitarbeiter Tourre den Käufern des Papiers, die steigende Häuserpreise erwarteten.Abacus stürzte wie erwartet ab, Paulson machte eine Milliarde Dollar Gewinn, alle anderen (wie die deutsche Mittelstandsbank IKB) ebenso viel Verlust. Goldman Sachs schaffte die Causa 2010 mit einem Vergleich und 550 Millionen Dollar Buße aus der Welt.