Urlaub auf Balkonien: Vier von zehn Österreichern bleiben daheim
Von Simone Hoepke
Aus dem Plan, den Urlaub in der Hängematte zwischen zwei Kokospalmen zu verbringen wird oft nix. „40 Prozent der Österreicher bleiben im Urlaub einfach Zuhause“, weiß Freizeit- und Tourismusforscher Peter Zellmann. Kling viel, ist es nicht. Bis vor drei Jahren galt verlässlich die Faustregel, dass jeder zweite Österreicher im Urlaub daheim bleibt.
Höhere Reisebudgets und neue Prioritäten beflügeln die Reiselust. Galt früher die Rolex als Statussymbol schlechthin, sammeln heute viele (Reise)-Erlebnisse. So gesehen gut, dass Billigflieger immer mehr Städte miteinander verbinden und damit eine Preisspirale nach unten in Gang setzen. Den Konsumenten freut’s. Die Passagierzahlen am Flughafen Wien lagen heuer im Juni um 24 Prozent über jenen des Vergleichsmonats 2018.
Dennoch zieht es nicht jeden in die Ferne. Viele entscheiden sich bewusst für einen Urlaub Zuhause. Was aber nicht heißt, dass sie sich in den eigenen vier Wänden verbarrikadieren. Im Gegenteil. Das Freizeitangebot in der Umgebung wird intensiver genutzt als früher, was wohl auch an neuen Vermarktungsstrategien liegt. So bieten Bundesländer und Regionen Gästekarten auch für Einheimische, mit denen Dutzende Sehenswürdigkeiten vergünstigt oder sogar gratis besucht werden können. Man macht also Urlaub in der Heimat, Touristen- und Kulinarik-Programm inklusive. Ganz ohne Kofferpacken und Kampf um freie Liegen am Hotelpool.
Der Trend geht generell zu mehr und kürzeren Urlauben. „Nicht nur wegen der Städtetrips“, sagt Zellmann. Auch an einem Wellnessurlaub und mehrtägigen Wander- und Radtouren finden immer mehr Menschen gefallen. Die vielen Kopfarbeiter brauchen keine körperliche Erholung wie die Sommerfrischler früherer Generationen. Sie wollen aktiv sein. Im Brixental hat man mitunter das Gefühl, dass das Tal ein einziger Radweg ist, sagt eine Einheimische. Grund dafür ist der E-Bike-Boom, der Neo-Sportler wie Rentner in die Berge lockt. Die Tourismusintensität ist übrigens wenig überraschend in Tirol am stärksten. Auf jeden Einwohner kommen statistisch gesehen 60 Gästenächtigungen.
Andere Pauschalreise
Aber wohin fliegen die Österreicher? „Das Mittelmeer bleibt die Badewanne der Österreicher“, sagt Gregor Kadanka, Obmann der Reisebüros. Starke Zuwächse sieht er bei Reisen in die Türkei und Ägypten, was auch mit dem niedrigen Preisen für Pauschalreisen zu tun hat. Diese erlebt offenbar ein Revival, wenn auch in veränderter Form. „Vielen wollen zwar nicht ins All-Inclusive-Hotel, kommen aber ins Reisebüro um Flug und Übernachtung in einem kleineren Hotel zu buchen“, beobachtet Helga Freund, Vorstand in Österreichs größtem Reisekonzern, dem Verkehrsbüro. Deren Ruefa-Reisebüros haben diesen Sommer am meisten mit Hellas-Urlauben umgesetzt, gefolgt von jenen nach Spanien, Italien und in die Türkei.