Wirtschaft

Studie zeigt Schattenseiten der Bahn-Privatisierung auf

Es ist kein Geheimnis, dass sich auf der Weststrecke der Wettbewerb zwischen den ÖBB und der privaten Westbahn positiv ausgewirkt hat – vor allem in der Qualität.

„Die Ticketpreise für die zweite Klasse sind aber bei der Westbahn nicht mehr günstiger“, behauptete Olivia Janisch, Vize-Chefin der Gewerkschaft vida und des ÖBB-Konzernbetriebsrats, anlässlich einer Studienpräsentation am Donnerstag.

Die vida und die Arbeiterkammer haben beim Kölner Uni-Professor Tim Engartner eine Studie über die Auswirkungen von Privatisierungen im Bahnnetz in Auftrag gegeben. „Es ist ein Mythos, dass Wettbewerb und Billigstbieter zu besserer Schienen-Preis-Leistung führen“, erklärt Engartner. Er kommt zum Schluss, dass sich die von der EU-Kommission angeleitete Privatisierung der Bahnen in den vergangenen Jahrzehnten oft negativ ausgewirkt hat. „Bei einer flächendeckenden Versorgung mit Schienenverkehrsleistung kann dem Wettbewerb keine Erfolg versprechende Wirkung zugeschrieben werden“, sagt der Professor.

Misserfolg in Großbritannien

So sei zum Beispiel die Zahl der Bieter bei Ausschreibungen in Deutschland rückläufig. Auf eine Ausschreibung kamen (2022) 1,41 Bewerber. In Deutschland haben die privaten Bahnen einen Marktanteil von zehn Prozent. Private Anbieter müssten aus betriebswirtschaftlicher Sicht aber solche Verbindungen aufgeben, die nicht profitabel sind. Es sei denn, sie werden staatlich subventioniert. Paradebeispiel für den Misserfolg der Bahn-Privatisierung sei Großbritannien, wo Premier Keir Starmer schrittweise die Re-Verstaatlichung der maroden Bahn plant.

Während in Deutschland die Bahnvergaben großteils öffentlich ausgeschrieben werden, vergibt Österreich 80 Prozent der Verbindungen direkt. Bei Direktvergaben bestellen Bund und Länder die Verbindung bei den ÖBB und den Landesbahnen. Direktvergaben betreffen auch Strecken, die sich betriebswirtschaftlich nicht rechnen, aber dem Gemeinwohl dienen.

Stellschrauben drehen

Laut ÖBB decken die Erlöse aus Ticketverkäufen nur rund ein Viertel der Kosten im Nah- und Regionalverkehr ab. „Die Direktvergabe ist in Österreich ein Erfolgsmodell“, sagt Gewerkschafterin Janisch. Laut Studie seien die Direktvergaben auch deshalb günstiger, weil weniger Kosten anfallen. „Wir brauchen ein klares Investitionsbekenntnis zum Verkehrsträger Schiene“, sagt der Studienautor. „Das ist der Erfolgsgarant für die Schiene. Der Bahnsektor ist durch hohe Fixkosten und immensen langfristigen Investitionen gekennzeichnet.“

Auch stehe die Bahn in einem intensiven Wettbewerb mit der Straße und der Luftfahrt. Das gilt auch für den Güterverkehr. „Ein Hebel wäre für die EU, die bahnfeindliche Steuer- und Abgaben-Belastung zu beenden. Es braucht dringend eine Neujustierung der steuerlichen Be- und Entlastung für alle Verkehrsträger“, sagt der Experte. „Da gibt es Stellschrauben, an denen man drehen könnte.“ 

Schweizer Bahn erfolgreich

Gewerkschafterin Janisch hält von der Privatisierung der Bahn nichts. „Die Systemkosten von Eisenbahnunternehmen ist derart hoch, dass ausschließlich beim Personal gespart werden kann“, sagt Janisch. „Da wird eine Abwärtsspirale in Gang gesetzt.“ Wobei sie aber einräumt, dass es in „Österreich von der Politik sehr weise war, die Bahn-Infrastruktur langfristig zu finanzieren“. 

Außerdem fordert Engartner, dass sich die National Carrier unmissverständlich verpflichtet werden müssen, dass sie auf den heimischen Bahn-Sektor konzentrieren. „Die Deutsche Bahn ist ein Negativbeispiel dafür. Sie ist weltweit in 130 Ländern tätig vor allem im Logistikmarkt“, sagt der Fachmann. „Es ist dringend zu empfehlen, sich am Schweizer Bahnsystem zu orientieren. Die Schweizer Bundesbahnen operieren sehr erfolgreich.“